Hütten im Glanz von Gold

 

Zum Leben in Bandar gehört wohl unzertrennlich die Fahrt nach Malaysien. Das Ziel und die Motivation für die Reise lassen sich unschwer ausmachen. Die Leute fahren fast alle nach Limbang, einer kleinen Stadt im ebenfalls muslimischen Sarawak, wo die Einheimischen die Religion nicht so ernst nehmen. Die Möglichkeit eröffnet ihnen die ethnische Vielfalt dieser Region. Sie ist zwar nicht im Prinzip größer als in Brunei, wo der Islam zwar Staatsreligion ist, aber nur von 66% der Bevölkerung befolgt wird. Es kommt aber auf die Anwendung an. So existierte z.B. in dem islamischen Reich der Osmanensultane, der Statthalter Gottes auf Erden, Pardon Mohammeds, keine Prostitution, weil verboten. Aber was tun, wenn die Gottlosen es doch tun? Deswegen hatten alle Prostituierten griechische Namen, egal welcher Herkunft. Ähnlich hat die Sache in den prüden kommunistischen Ländern funktioniert. Dort waren die Vorkämpferinnen der horizontalen Revolution Staatsbürger anderer Länder. Auf die famose Idee, die im Iran praktiziert wird, ist aber niemand gekommen. Dort existiert garantiert keine Prostitution, weil man stundenweise heiraten darf. Ehe auf Zeit, gefordert von der Stoiber-Meuchlerin Gabriele Pauli, abgelehnt von der ewiggestrigen CSU, löst im Iran ein uraltes Problem der Menschheit.

Wie die Malaysier das Problem gelöst haben, ist mir verborgen geblieben, obwohl Limbang die einzige islamische Stadt sein dürfte, wo die Schaffenden des unaussprechlichen Gewerbes in der freien Wildbahn anzutreffen waren. Allerdings habe ich ihren Mut bewundert, weil Wesen mit deren Aussehen z.B. in Berlin nur in der dunklen Hälfte des Tages auf die Pirsch gehen (dürfen).

Möglicherweise finden sie trotzdem genügend Beute, weil die Bürger von Bandar in Limbang erst einmal tanken gehen. Alkohol macht schön, nicht den Genießer, sondern die, die sonst ungenießbar aussehen. Manche Lokale in Limbang besitzen Ausmaße wie Bars in New York, die einst der unvergessliche O´Henry witzig mit der Bemerkung charakterisiert hat, er habe den Kellner mit Hilfe eines Taschenspiegels heranlocken müssen.

Das Herz von Brunei nennt sich Bandar Seri Begawan, früher auch Darussalam genannt. Hier leben 27,285 Seelen (2001) von den etwa 365,000 (2004) Einwohnern Bruneis. Obwohl Brunei die höchste Dichte an Autos per Einwohner zählt (1 Auto für 1,5 Einwohner), bilden die Wasserwege beliebte Verbindungen. Vielleicht, weil man dort rasen kann, ohne dass man an den nächsten Baum klatscht. Meine größten Außenborder bis dato habe ich hier gesehen. So etwa 2x 200 PS für ein kleines Boot. Damit fährt man kurz über den Limbang Fluss, auf dessen einer Seite das Zentrum und die Moschee befinden und auf der anderen Seite Kampong Ayer (deutsch „Wasserdorf“), ein auf Stelzen über dem Wasser erbautes Dorf mit eigenen Schulen und kleineren Moscheen für über die Hälfte der Bewohner Bandar Seri Begawans.

Einer, Kebawah Duli Yang Maha Mulia Paduka Seri Baginda Sultan Haji Hassanal Bolkiah Al-Mu'izzaddin Waddaulah ibni Almarhum Sultan Omar Ali Saifuddien Sa'adul Khairi Waddien, wohnt auf der anderen Seite in der größten Palastanlage der Welt. Seine Freunde dürfen ihn Hassanal Bolkiah nennen. Ob die ganz engen Freunde den Herrn Hasso rufen dürfen, steht in keinem Buch. Eine Dame, die ihn hätte so rufen dürfen, Shannon Marketic, eine ehemalige Schönheitskönigin, hat ihn beschuldigt, sie als Sexsklavin gehalten zu haben. Sie wollte 90 Mio $ haben, hat aber wohl nur 500,000 bekommen. Denn ihre Beschuldigungen können nicht wahr sein, weil die Verfassung des Landes besagt, "His Majesty the Sultan... can do no wrong in his personal or any official capacity.". Er kann daher nie etwas Falsches tun. Er tut nur Richtiges und lässt z.B. seine 200 Polopferde in Luxusställen mit Klimaanlage wiehern. Was sollte der arme Kerl sonst tun? Pferde gehören nunmal nicht in die Tropen. Außerdem gehören manche seiner Taten, die unter die Rubrik Verschwendung gestellt werden, eher zu Rettungsaktionen Not leidender Autoindustrie. Er besitzt nur 531 Daimlers, 367 Ferraris usw. Insgesamt 5000 Stück.

Mir hat am meisten die einmalige Paarung aus dem Reichtum aus 1001 Nacht und der Armut aus der 1002. imponiert. Um diese aufzunehmen, habe ich vor den goldenen Kuppeln gestanden und mich einmal auf dem Absatz gedreht. Ganze 180º. (Sorry wg. der Wackelei, aber ich musste schnell sein, damit ich nicht als Gast des Sultans eingeladen wurde. Anders als Schönheitsköniginnen landen missliebige Ausländer auf harten Matratzen.)

Am Ende des Films sieht man die Boote, die zwischen dem Zentrum und der Stelzenstadt hin und her wetzen. Nach Aufnahme dieser Szenen durfte ich wieder in den Urwald zurück, wo einen Panther, Giftschlangen und sonstiges gefährliches Getier erwarten. Selten habe ich die himmlische Ruhe des Waldes so genossen.

Masjid Omar Ali Saifuddien, die Moschee mit einer Kuppel aus Gold, beherrscht das Bild von Bandar. Dabei sollte ein Masjid eigentlich ein bescheidener Ort mit einem großen Kelim sein, wo man seinen Gott trifft. Ganz allein. Er muss sich was dabei gedacht haben, als er das Gold so tief versteckt hat. Aber nein, die Menschen holen es hoch, und verstecken den größten Teil wieder unten, in Fort Knox. Dem Sultan gefiel es aber, das Gold überall zu verteilen, wo man es sieht. Eine Todsünde, wie ich meine.

In die Moschee dürfen Muslime jederzeit hinein, andere nur zu bestimmten Zeiten. Als ich schüchtern hinein trat, kam mir der Muezzin entgegen - das ist der Mann, der früher auf dem Minarett gesungen hat und heute nur noch DJ Gott spielt -, um mich wieder an die Luft zu expedieren. Der Imam rief ihn aber zurück. Aus meinen Bewegungen hat er abgeleitet, dass ich seine Religion kennen musste. Komisch, Monate später durfte ich im Petersdom nicht zu den Betenden, obwohl ich die katholische Kirche so gut kenne, dass ich eine Basilika von einem Münster gut unterscheiden kann. Masjid Omar Ali Saifuddien entspricht einer Basilika.

Bandaresen auf der anderen Seite

Bandar Seri Begawan

Business as usual

Die Bandaresen müssen immer mit einem großen Geldbeutel angereist kommen. Die besagten Dienste mit der Kreditkarte zu bezahlen, wäre ziemlich töricht. Der Geldbeutel muss deswegen so groß sein, weil die Preise in den Lokalen, die sie bevölkern, gepfeffert waren. So wollte man von mir für einen ganzen Fisch der Portionsklasse 120 $ haben, und das in einem Land, wo das Gehalt eines Ingenieurs etwa 100 $ betrug. Da das Lokal recht leer war, es war nicht Bandar-Tag, wollte sich der Kellner dazu herablassen, Filets vom gleichen Fisch für 9 $ zu servieren. Die letzten zwei Wochen davor hatte ich allerdings einen Guide für 12 $ am Tag gemietet gehabt, der für den Preis auch drei Mal am Tag Essen servierte und abends das Bett machte. Zwar aus Blättern, aber was soll´s.

Als ich die Summe hörte, verlor ich schlagartig den Hunger und ging auf die Straße. Die Damen, die die Gegend bevölkerten waren weg. Dafür standen am Strand Unmengen Buden, in denen Fisch gegrillt wurde. Nicht Fischfilets. Ich ließ mir einen Tunfisch von etwa einem Pfund geben und bezahlte den mit Münzen. Etwa 30 Cent kostete der Genuss. Noch ein paar von denen, und ich war papp-satt. Nun sollte ich etwas erleben, was man mit Geld nicht bezahlen kann.

Als ich zwischen den Buden schlenderte, dräuten dunkle Wolken am Horizont. Ein ordentlicher Guss Tropenregen stand an. Wohin mit meiner Wenigkeit? Da kam ein kleines Mädchen, etwa 12 Jahre alt, mit vielen kleinen Jungs im Schlepptau an und bat mich in eine kleine Hütte. Ich hatte zwar Angst, weil ich an die Kinderbanden in Rom und Neapel dachte. Aber der Regen wischte meine Bedenken weg. In dem Hüttchen werkelte ein Haufen Generatoren. Die Kinder deuteten an, dass diese die Lichter in den Grillständen versorgen würden. Sie waren Kinder der Verkäuferinnen. Ich solle mich bis zum Ende des Regens mit ihnen zusammen setzen. Gerührt von so viel Fürsorge, habe ich dem Mädchen angedeutet, sie bekäme genug Geld, um für jeden von uns eine Dose Cola zu kaufen. Sie verschwand mit dem Geld und kam mit einer Dose und einer Plastiktüte Cola. Das ersparte Restgeld teilte sie unter den Kindern auf! Liebe und Intelligenz, und das mit 12 Jahren!

Was ist Exotik? Z.B., wenn man in eine Stadt kommt, wo es keinen Laden von Gucci oder Benetton gibt. Heutzutage muss man sehr weit reisen, um so etwas zu erleben. Bei meiner letzten Reise, die in die Berge von Kirgisien führte, habe ich so etwas erhofft, aber denkste. Kinder von nomadischen Schafhirten tragen Klamotten wie die Kids aus Kreuzberg oder London. Nur billigere. In Bandar konnte man die teureren Exemplare kaufen, verständlicherweise. Wäre da nicht die tropische Hitze, gepaart mit der Schwüle, könnte man in vielen Straßen von Bandar denken, man sei in Europa, wenn man nur die Läden anguckt.

Handy gefällig? Ein Laden neben dem anderen. Teure Taschen? Gucci oder lieber Mailando? Uhren? Tag Heuer oder gleich Rolex Day Date mit 8 Brillies für schlappe 53.999,00 EUR? Es fehlen nur die Shops, die teuren Cognac verkaufen. Man bekommt weder Black Pearl von Remy Cointreau für schlappe 7.000 EUR noch die Billigmarke von Martell für 2.200 EUR angeboten. Schade, eigentlich! Der Islam versaut einem richtig den Geschmack.

Foto tylerdurden1