Paradies für Hochseeangler

 

Mauritius nimmt unter den Orten, wo man seine Angel ins Wasser hängen darf, eine besondere Stellung ein, so etwa zusammen mit Cairns (größte black marlins), Florida (alle möglichen Großfische), Fiji (Wahoo), Bahamas (Marlin) usw. Von „seine“ Angel zu sprechen ist etwas arg übertrieben, da kaum ein Normalo die Riesen-Ruten für Hochseeangeln sein eigen nennt. Meine würde so für etwa 100 kg Fisch reichen, wenn ich bloß vernünftig angeln könnte. Meine Spezialität sind kleine Barsche, Portionsgröße, sowie Tun, etwa 300 g bis 1.000 g. Mein größter Fang bis Mauritius war 1,5 m Marlin gewesen. Für einen echten Angler ist so etwas Pippifax, wie sieht denn der Schrumpfkopf am Kamin aus? Da wir alle weder einen Kamin hatten noch Freunde, die einen Fischkopf am Kamin drapiert bewundern würden, war uns der Gedanke fremd, etwas zu angeln, was größer ist als ein großer Teller.

Doch eines Tages konnten wir nicht mit dem üblichen Tuktuk zum Tauchen und mussten uns nach einem anderen Schiff umsehen. Da kam Claude mit der Idee, einen Hochseeangelkahn zu mieten. Sein Bekannter wäre Käpt´n von einem solchen Ding und würde uns einen guten Preis machen. Warum nicht? 

Auf dem Wege zum Tauchgrund erzählte uns der Kapitän allerlei Stories über mächtige Fänge, die wir auch machen könnten. Er führte die imposanten Rollen vor, die eher eine kleine Winsch waren als eine der Angelrollen, die die Leute an der Havel pflanzen, in der Hoffnung, dass sich etwas daran fängt. Am meisten fand ich den Sitz interessant, an dem man sich anschnallt und die Rute fest schäkelt. Ich deutete an, was denn wäre, wenn man die Rute in der Hand hielte. Die Antwort war unüberhörbar „Wuuuusch!“, und leicht verständlich. Nur wer für die Fische verständlich auf Kleinigkeiten aus ist, braucht nicht in dem Kampfstuhl, und zieht sich ein Geschirr an, das Kampfhose heißt. Diesen Begriff darf man allerdings nicht überall benutzen.

Da wir aber Taucher und Surfer waren, fuhren wir unbewaffnet und ohne Kampfhose zum Tauchgrund, wo wir einen wunderbaren Tauchgang absolvierten. Als wir oben ankamen, winkte der Kapitän mit zwei mächtigen Angeln und animierte uns derart, dass mein Freund Fritz und ich noch im Taucheranzug die Kampfstühle bestiegen. Nach unserer Vorstellung würden die Angeln eine Weile im Wasser hängen, und wir hätten genug Zeit, um uns umzuziehen.

Das Schiff fuhr an und man gab uns ein Glas Wasser, weil die Sonne der Tropen unbarmherzig auf uns nieder brannte. Kaum hatten wir einen Schluck genommen, brüllte Fritz, er habe was Großes am Haken. Großes Gelächter! Alle boten an, wieder abzutauchen, um den Haken von der Koralle zu befreien. Das war aber keine Koralle. Die Angelsehne schnurrte ab. Gut, dass Fritz im Kampfstuhl saß und die Angel bereits angeschäkelt war.

Während wir alle uns mit Fritz´Angel beschäftigten, sauste meine Angel auch ab. Nur viel heftiger. Ob wir doch ein Wrack oder einen großen Sack eingefangen hatten? Die Mannschaft brüllte uns Tipps entgegen, wie wir den Fisch behandeln sollten. Jetzt die Bremse locker, lass den Kerl glauben, er sei wieder frei! Zieh doch mal die Bremse an! Wie so was abgeht zeigt der Film oben. Allerdings ohne den Vollzug!

Wir schwitzten in Strömen, weil wir wirklich kämpfen mussten. Und das bei 35 ºC und voller Breitseite von der Sonne. Die netten Angebote, die Stühle zu räumen und uns frisch zu machen, haben wir dankend - ich meine, fluchend - abgelehnt. So blieb es den anderen die Rolle des edlen Retters zu spielen. Sie begossen uns ständig mit Frischwasser. Nach zwei Mal zehn Minuten war es so weit. Der erste Fisch ließ seine Formen ahnen und düste in etwa zehn Meter Tiefe hin und her. Noch ´ne Minute, und Fritz hatte seinen großen Fang. Etwa 1,80 m und ein Kingfish. Anderswo nennt man ihn zwar Wahoo, das sind aber andere Gewässer. Meiner kämpfte etwas länger, und war am Ende doch geschlagen. Auch Wahoo, aber 2 m.

Nun kam das Gemeine. Die Mannschaft ließ Claude uns erklären, dass sie ein Anrecht auf den Fisch hätte. Wir könnten den Kopf mitnehmen und über dem Kamin … Ach, nee! Oder lieber einen Tun?

Ich bestand darauf, diesen Fisch und gar keinen anderen mitzunehmen. Ich wollte ihn nämlich bei Frau Kux auf den großen Grill legen, der über zwei Meter lang war. So ein Traum! Dafür mussten wir den Fisch auslösen. Nach langem Gefeilsche ließen wir den kleinen Fisch (die Regel gilt ab zwei Meter) und einen halben Hunni da und durften den großen Fisch mitnehmen. Das ist leichter gesagt denn getan. Wir waren auf hoher See, und der Kapitano wollte erst am Nachmittag in den kleinen Hafen, weil man bei Ebbe dort nicht einlaufen kann.

So lange wollte ich aber nicht warten, weil sich so ein Fisch bestimmt vier Stunden auf dem Grill aalen muss, bevor er mundet. Also einigten wir uns darauf, dass der Kapitän einen größeren, aber weiter liegenden Hafen anläuft, und dass ich etwa sechs Meilen zum Hotel surfe und ein Transportvehikel für uns plus Fisch besorge. Die eigenen Autos standen ja beim kleinen Hafen.

Bei zwei Meter Welle wurde das Brett aufgeriggt und ins Wasser gelassen. Die Fahrt ein Gedicht zu nennen, wäre arg untertrieben. Dummerweise merkte ich nicht,  dass der Kapitän eine tolle Idee hatte und an eine Stelle gefahren war, wo er unsere Leute samt Fisch entladen konnte. Als ich beim Hotel vom Brett stieg, waren die Kameraden da und im Wasser wateten drei Damen aus der Hotelküche. Um sie herum sah das Wasser aus wie nach einer Haiattacke. Sie schnitten etwas. Als ich mich ihnen näherte, lachte die Küchenchefin glücklich auf und zeigte mir die Fischscheiben. Mein toller Fisch war im Begriff, filettiert zu werden.

Ich schloss mich in meine Bude ein und sprach mit niemandem mehr.  Die Frauen hätte ich am liebsten … Ach! Der Teufel soll sie holen! Oder wer Schlimmeres!

Der Traum vom Grillen

es geht weiter, aber später

Als sich der Abend über die Insel senkte, wurde der große Grill angeschmissen. Wir grillten so um die 10 kg Wahoo, so dass alle Gäste satt wurden. Den Rest habe ich den Damen aus der Küche vermacht, weil ich keine Fischfilets mehr sehen konnte.

Während des restlichen Urlaubs wurde ich von den Frauen als eine Art Gott verehrt. Da ich mir diese plötzliche Zuneigung nicht erklären konnte, habe ich Frau Kux zu Rate gezogen. Sie lachte und sagte, „Du hast denen 35 kg Fisch geschenkt. Dieser Fisch kostet 10 $ per Kilo und die Frauen verdienen 80 $ im Monat.“ Uff!

Wenn ich wirklich Gott wäre, würde ich mir die 35 kg Wahoo in Sashimi schneiden und hintereinander weg essen. Und gar nicht zunehmen. Leider geht das nicht. Aber das Gefühl war auch nicht schlecht, bis ich auf dem Rückweg jemandem von meinem großen Fang erzählte. Wir saßen an der Bar des Flughafens und tranken ein Bier. Der Mann grinste mitleidsvoll und erzählte, er hätte vor ein paar Tagen auch einen großen Fang gemacht. Black Marlin, 920 Pfund (!), 12 Stunden Kampf über Nacht. Zu Hause angekommen, guckte ich in Fischbüchern nach, ob ein Marlin so groß werden kann. Mist! Der größte regulär gefangene Marlin hat 1560 Pfund gewogen und ein Kerl namens Kip Farrington hat 1952 an einem Tag 1690 Pfund Marlin gefangen, allerdings in zwei Portionen. Nix Gott, nix Rekordfisch. Der größte jemals an den Haken gegangene Marlin soll etwa 3000 Pfund groß gewesen sein. Er wurde fotografiert und konnte sich noch befreien.

Heute werden solche Fänge nicht mehr gemacht. Wenn so ein Fisch an den Haken geht, muss der abgeschnitten werden. Aber auch das finde ich schlimm. Man kann doch einfach mit kleinem Köder loslegen und kleine Fische fangen. Die großen laufen lassen, ist bei Fischen ausnahmsweise ökologisch sinnvoll.