Insel, von allen vergessen

 

Eine Insel über dem Wind …


Manch eine Landschaft verdankt ihre unberührte Existenz ihrer Unzugänglichkeit, andere klugen Männern, wie z.B. John Muir, dem Vater amerikanischer Nationalparks, aber manche auch faulen Kerlen, die nicht mit der Zeit gehen. So auch Dominica. Die Insel wurde von Columbus an einem Sonntag entdeckt, daher der Name. Natürlich war dieser Herr nicht der erste Mensch, der die Insel entdeckt hat. Sie war schon lange bewohnt. Das gilt natürlich nicht für Europäer. Für die existiert ein Land erst, wenn sie es entdeckt haben. Diese Einstellung hat im wahrsten Sinne des Wortes fatale Folgen für die, die bereits dort wohnten. Da man 1493, dem Entdeckungsjahr, mit der Verfeinerung der Methoden im Umgang mit den Einheimischen noch nicht so weit war wie bei der Entdeckung von Australien, wo James Cook einen ganzen Kontinent terra nullum, also menschenfreies Land erklärt hatte, wurden die hier Lebenden lediglich als Untermenschen eingestuft.















Dies hatte bei den sonstigen Inseln der Karibik zur Folge, dass deren Einwohner zuerst zur Fronarbeit gezwungen wurden, die sie meistens nicht überlebt haben. Man kümmerte sich danach um neue Arbeitskräfte, die die gefährlichen Arbeiten übernehmen sollten, weil Indianer offensichtlich arbeitsunwillig waren. Oder unfähig. Meistens waren sie aber nicht nur arbeitsunfähig, sondern schlicht tot. Das angerufene Assessment Center befand, dass die besten Arbeiter der Zeit in Afrika lebten, aber nicht viel Lust hatten, auszuwandern. So wurden sie zwangsweise umgesiedelt und kamen auch in die Karibik. Auch wenn nicht alle den langen Weg geschafft haben, umständehalber. Das war die zweite Folge für die Einheimischen. Fremde und deren Sklaven, die noch fremder waren.

Vieles von dem, was die Menschen auf den Karibikinseln erlebt haben, blieb denen auf Dominica erspart. Zum einen, weil die Insel wirklich schlecht zugänglich ist, sie hat keinen vernünftigen Hafen. Zum anderen aber, weil die Insel einer Familie gehörte, die die Arbeit nicht erfunden hatte. So kann man auf Dominica zwei „Dinge“ erleben, die es nirgendwo in der Karibik gibt: Ursprüngliche Menschen, Kariben, so etwa 500 an der Zahl, und eine naturbelassene Natur. Soweit möglich, natürlich.

So wunderschön auch Inseln wie Martinique oder Guadelupe aussehen, ihre Natur verdanken sie weitgehend menschlichen Einflüssen. Und so lustig der Karneval von Kingston klingt und singt, Afrikaner gehören nicht in diese Landschaft, und die typischen karibischen Rhythmen der Steelbands sind nur das Ergebnis des Versuchs, ihnen auch die Seele zu nehmen, die sich von Musik ernährt. Man hatte den Sklaven ihre Trommeln verbrannt, damit sie keine Musik mehr machen konnten. Sie nahmen dafür halt die unbrennbaren Ölfässer. Calypso, Reggae, Merengue, Salsa, Son oder Lambada - alles Teufelszeug - wären gar nicht entstanden, wenn sich die Sklaven sklavisch an die Vorschriften gehalten hätten! Ordnung ist das halbe Leben, und die andere Hälfte macht Spaß!

Auf Dominica kann man durch Wälder fahren, die noch die ursprüngliche Vegetation aufweisen. Und auch die Trommeln der Kariben hören. Nur an wenigen Stellen der Welt, die ich gesehen habe, war die Realität schöner als auf Hochglanzprospekten.