Einklarieren - Ausklarieren - Klar?

 

… ich meine, die beim Staat über die Stempel und Siegel herrschen.

Dort wo wir gesegelt sind, gab es seit vielen tausend Jahren keine Grenze. Zuerst war? Nicht Ionien - das Land ist noch sehr jung. Vielleicht das Reich der Hethiter? Auch nicht - zu jung! Noch älter? Egal - ich weiß es nicht mehr. Jedenfalls war Ionien zu beiden Seiten der Ägäis, auch wenn eher auf der türkischen Seite, und die Griechen fühlten sich stark, bis die Perser kamen. Später kamen noch die Römer, von denen sich Byzanz abspaltete, um deren Reich wieder rückwärts zu verschlucken. Byzanz wurde von den Osmanen verschluckt, aus denen wiederum Griechenland und die Türkei entstanden sind - und damit eine Grenze. Die Menschen verstehen sie nicht, vor allem dann nicht, wenn sie mit einem griechischen Schiff, EU, einen Bürger der EU aus der Türkei abholen. Das muss erklärt werden.

Wer als EU-Bürger nach Griechenland oder in die Türkei reist, findet offene Scheunentore vor. Die Formalitäten fallen weniger heftig aus, als wenn man über Heathrow das Vereinigte Königreich zu besuchen versucht. Meist guckt sich ein gelangweilter Polizist den Pass oder den Ausweis an, oder es passiert gar nichts, wenn man die Grenze passiert. Nicht so, wenn man mit einem eigenen Schiff reist, d.h. mit einem Schiff, in dessen Besitz man ist.

Mit dem üblichen Touri-Dampfer macht man einfach einen Landgang und geht wieder zurück. Eine Yacht muss hingegen erst einmal da drüben ausklarieren. Also zuerst zur Polizei, dann zum Hafenmeister oder Zoll, dann? Mal so mal so … Nein, das ist doch Einklarieren? Wie dem auch sei - den Griechen muss man zeigen, dass man ausreist, um hinterher den Türken zu zeigen, dass man einreist. Ach, ja. Die Gesundheitsbehörde hatte ich vergessen. Schiffe sind voller böser Erreger, da muss man einer Behörde nachweisen, dass man clean ist. Etwa so …

Als meine Freunde mich fanden, war es Abend, und die Behörden waren vermutlich im Tiefschlaf. Sie waren in die Türkei eingereist, aber eben nicht einklariert. Kein Problem - die Marina macht´s. Die wollte aber schlappe 100 Euro für die Erledigung von Formalitäten mit den Behörden kassieren. Machen wir nicht!

Wir liefen los, um die Behörde zu finden, bei der wir uns melden sollten. Beim Grenzübergang ist es normalerweise die Polizei. Uns gabelte tatsächlich ein Polizeiwagen auf, als wir den Daumen hoch hielten, und brachte uns zum Polizeirevier. Die Beamten waren be-, nein, entgeistert. Wir sollen in Ruhe schlafen und morgen die richtige Behörde aufsuchen. Erst die, dann die, danach die …


So verstehen sich Türken und Griechen …

Die Tiere im Bild haben nichts mit dieser Geschichte zu tun, außer, dass sie mich eben an unsere Geschichte erinnern. Sie kam den Beamten erstens vertrackt vor, weil wir nicht nur einklarieren wollten, sondern gleichzeitig ausklarieren. Zudem wollte ein Segler, aus Griechenland kommend, aussteigen und in der Türkei bleiben, während ein anderer, aus der Türkei kommend, einsteigen und sich abmelden. Dumm, dass gerade ein großer Dampfer mit 1500 Touris festgemacht hatte, und dazu ein seltenes Fest stattfand - die Woche der Polizei. Da war der Stillstand auf der Straße für alle, wirklich alle, nur ein geringes Problem. Wenn man in der Türkei eine Nationalhymne hört, muss man stehen bleiben, egal welche Hymne, egal in welcher Position. Auch die Autos bleiben stehen.

Nun waren alle freundlich und kassierten diese und jene Gebühr, und wir haben verstanden, warum die Marina 100 Euro haben wollte. Man muss nämlich ein Transitlog erwerben, das Ding mit allen Daten in ein Formular im Internet eintragen und dazu bestimmte Gebühren online bezahlen. Türken können das, wenn sie ihre Steuernummer angeben, die dummen Ausländer, die so etwas nicht kennen, müssen eine Agentur aufsuchen. Und die nimmt 100 €… Der freundliche Beamte bei der Hafenbehörde besorgte uns eine Steuernummer von der Putzfrau, der ebenso freundliche beim Zoll klarierte uns aus, bevor er uns einklarierte. Ordnung muss sein, irgendwie! Sein Kollege hielt uns aber fest, weil man nicht ausreisen kann, bevor man eingereist ist.

Irgendwann mal waren wir fertig und schimpften fröhlich über die türkischen Behörden. Recht so - die griechischen hatten wir noch nicht erlebt. Und die toppten die türkischen um Längen.

Samos - drei Stunden später. Wir legen nachts am Hafen an und suchen die Polizei. Die hat aber zu - es ist Sonnabend und zwar  Nacht. Eine freundliche Dame von der Küstenwache erzählt uns, wir dürfen uns nicht weit von Schiff entfernen, weil die Polizei uns noch nicht kennt. Na, schön. Ein Bierchen. schlafen - und Sonntag in aller Frühe aus dem Bett.

Sie ist da! Aber nicht der Mann von der Polizei - oder war es der Hafenmeister? Wir trinken einen Kaffee, einen griechischen, der genau so gekocht wird wie der türkische, darf aber nicht so heißen. Er kommt. Sieht mit finsterer Miene unsere Papiere an, verlangt neue, Kopien etc. Er muss unsere Crewlist unterschreiben und mit einem Stempel versehen. Macht er auch. Das Ding behält er aber bei sich, weil er der Meinung ist, das Original der Crewlist behalten zu müssen. Nun lässt uns der Hafenmeister nicht in Ruhe, weil er die Crewlist sehen will, und zwar in Original. Wir zeigen ihm das Büro des Herrn, das mittlerweile leer ist, weil er im Cafe sitzt. Von dort aus winkt er der Küstenwachtmeisterin ab.

Die freundliche Dame von der Küstenwache, echt schwer bewaffnet, hört sich unsere Story an, z.B. wie eine Zöllnerin mir 30 Euro abgeknöpft hat, weil ich eventuell unverzollte Waren bei mir haben könnte. Sven wollte nicht zahlen. brauchte auch nicht. Wieso ich? Wofür zahlt ein EU-Bürger, der keine Waren bei sich hat, Zoll? Wieso braucht der andere nicht zu bezahlen?

Am Ende siegte die bewaffnete Staatsmacht, holte dem Kerl die Urkunde einfach aus seinem Büro und wünschte uns einen guten Ritt. Draußen würde es nur so brausen … Glück auf!