Natur und so …

 

Mykonos bietet vielerlei Einsichten in das Verhalten von Menschen. Die Stadt ist sauber - was heißt hier sauber - clean! Die Häuser blitzen weiß-blau in der Sonne. Selbst die unvermeidliche Technik auf dem Dach ist weiß gestrichen, auch wenn schwarz angemessen wäre, z.B. die Warmwasserbehälter der Solaranlagen. Man wird nichts auf der Straße finden können, was nicht dahin gehört.

So weit, so gut. Aber wie sieht es aus, wenn man die Stadt verlassen hat? Wir tranken z.B. unser erstes Bier im Schatten von Fischerbooten, die man dem Zerfall überlassen hatte. Daneben allerlei Wohlstandsmüll. Nur wenige Schritte von dem schönen Kreuz auf dem Hügel standen korinthische Säulen auf einem Stück Land, die nicht etwa einen verlorenen Tempel aus der Urzeit markierten, sondern einen Friedhof für Roller und Quads. Auf unserem Weg vom Hafen in die Stadt passierten wir eine Tafel, an der zu lesen war, dass die EU für die Herrichtung der Kreuzung 930.000 € ausgegeben hatte. Hundert Meter weiter lagen Lichtmasten auf dem Boden, die total verrostet waren. Manche standen noch, es war aber abzusehen, wann die umfallen.

Nur wenige hundert Meter von der schnieken Stadt entfernt, und nur wenige Meter von todschicken Villen, grasten Schafe, denen man bereits bei der Geburt die Beine über kreuz zusammen bindet, damit sie nicht weglaufen. Die Tiere laufen ihr Leben lang als Krüppel. Wenn der Küster die Kirchentür durch eine neue ersetzt, liegt die alte so lange auf dem Grundstück daneben, bis es verrottet. Der nur wenige Jahre alte Hafen machte den trostlosen Eindruck einer Brache.

Die Natur bringt überall schöne Blumen, Wiesen, die im Wind wogen, hübsche Strände, die man sogar Paradies nennt, Schilf an vielen Stellen, und Vieles, was eben mediterran ist bzw. aussieht. Man kann aber bei jeder Tour ins Hinterland übers Neue erfahren, dass die Insel zersiedelt wird. Auf Mykonos erkennt man dies ganz krass, weil die Ortschaften echt gut gepflegt ausschauen. In den USA hingegen laufen viele kleine Siedlungen einfach in Schrott und Müll aus, so dass man die Zerstörung nicht wahrnimmt.

Ein weiteres Zeichen der Zerstörung sind die Fischpreise. Fisch ist in Griechenland so teuer, weil die Menschen alles mit Haut und Haaren gefressen haben. Nur in Griechenland? In den letzten 50 Jahren ist 90% der Fischbestände in den Ozeanen verschwunden. In dem Bemühen, den Rest einzufangen, fängt man Schildkröten, Delfine und sogar Wale, die der Verwesung übergeben werden. Wenn man heute am Mittelmeer taucht, findet man eine perfekte Wüste. Sie verbirgt sich vor den Augen der Allgemeinheit, weil diese nicht taucht.

Man muss natürlich zugeben, dass Leute, die ein paar tausend km fliegen, um zum Vergnügen zu segeln, eher mehr schuld sind als Leute, die Fische fangen, um sie zu essen. Immerhin fällen wir nicht die Bäume, um daraus Schiffe zu bauen. Die gibt es sowieso nicht mehr. Die italienischen und griechischen Wälder wurden bereits in der Antike Opfer des Schiffsbaus, die in England viel später in der Neuzeit. Die Wälder im Osten der Türkei konnten sich retten, bis sie im 1. Weltkrieg die Eisenbahn antreiben halfen. Die ältesten Urwälder der Welt auf Borneo fielen erst in den letzten 30 Jahren und wurden durch Ölpalmen ersetzt, zwar erst in dem Staat Sabah fast vollständig, aber den Rest schaffen wir noch.

Während dieser Reise habe ich allerdings erfahren, dass das Mittelmeer nie allzu freundlich zum maritimen Leben gewesen ist. Bereits die Alten Römer haben sich über die Armut des Lebens unter Wasser beschwert. Selbst das schöne Blau des Mittelmeeres wird durch Planktonarmut erzeugt. Es soll sich so etwa vor 8.000 Jahren das Schwarze Meer einverleibt haben, um neues Leben zu finden. Vermutlich ist das die Story, die in der Bibel als die Sintflut erzählt wird. Leider hat sich das Schwarze Meer hierdurch in ein weitgehend totes umgewandelt. Es war bis vor 50 Jahren unterhalb von 200 m tot. Die Verschmutzung, die die Flüsse dorthin getragen haben, haben die Schwelle auf 70 m angehoben. Noch ein bisschen Zivilisation, und die Ägäis muss sich mit der Rache des Schwarzen Meeres beschäftigen. Sintflut rückwärts …

Müssen wir uns um die Zukunft sorgen? Eher nein - die kommt bestimmt ohne uns aus!