Gondwana Wälder

 

In einem Land vor unserer Zeit schwamm ein Super-Kontinent auf dem Magma, das auch heute noch nicht viel kälter ist als vor 150 Mio Jahren. Der hieß Gondwana, hatte aber nicht im Traum daran gedacht, so heißen zu wollen. Der Name wurde ihm später von Geologen verpasst. In Gondwana versammelten sich so ziemlich alle Landmassen, die sich in der südlichen Halbkugel befanden. Eigentlich sollte das nach Meinung der Wissenschaft, der früheren, viel mehr sein, weil man wusste, dass im Norden viel Land war. Man stellte sich es so vor, dass die Welt umkippen würde, wenn oben und unten das Land ungleichmäßig verteilt wäre. Deswegen suchte Cook das Land terra australis, das Südliche Land.

Da Gondwana dem Magma zu groß wurde, drifteten seine Teile weg. Aus ihnen wurde z.B. Südamerika, Australien oder Afrika. Auch Madagaskar stammt aus der Konkursmasse von Gondwana. Und Indien? Das Land driftete ab nach Norden und knallte mit Asien zusammen. Das arme Land bog sich vor Schmerz und gebar… den Himalaya.

Das was heute Antarktis heißt, lag zwar lange am Südpol herum, fühlte sich aber nicht immer polmäßig an. War vielmehr richtig tropisch heiß. Afrika düste Richtung Norden und faltete halb Europa zu einem Gebirge, den Alpen, zusammen. So glauben viele Ösis noch heute, oder erst seitdem sie die Geschichte kennen, dass auch ihr Land mal zu Gondwana gehört hat. Na, denn, Felix Austria hat endlich eine Geschichte, die niemanden stört. Mit Sicherheit gehörten aber Tasmanien, Neuguinea und Australien dazu. Bis vor 8000 Jahren konnte man sie zu Fuß bereisen, weil das Meer 100 m tiefer lag. Übrigens, damals brauchte man auch keinen Tunnel unter dem Ärmelkanal. Nur Neuseeland war und ist solo, das Land gehrt heute noch keinem Kontinent an. Inkontinent?

Australien hat sich heute zu einem trockensten Gebiete der Welt entwickelt, aber nicht vollständig. Wenn man vom Süden in den Norden fährt, immer auf der Ostseite entlang, wird es immer feuchter. Während im Herzen des Kontinents sich der ganze Regen des Jahres in einer Schüssel mit nach Hause nehmen lässt, hat es mal in Daintree, im Jahre 1996, einen Regen gegeben, der in 36 Stunden 1.500 mm betrug. Zum Vergleich: In Berlin regnet es etwa 600 mm - im Jahr! Allen Veränderungen der Welt zum Trotz; Entstehung der Alpen, Abwanderung von Südamerika, Faltung vom Himalaya, bei Daintree River und Cape Tribulation blieb der Urwald ziemlich unverändert. Zwar sind die Dinos nicht mehr da, aber manche Tiere aus derer Zeit schon, so auch die Krokodile. Und viel Fauna, die Gondwana Fauna.

Nicht nur bei Cape Tribulation, sondern an vielen Orten weist das Land sog. Gondwana Forests auf, die zum Unesco Welterbe gehören. Alles zusammen so um die 370.000 ha feinster Urwald. Und alt!

Um diesen Wald würdigen zu können, muss man etwas tiefer in die frühe Weltgeschichte hinein tauchen. In der Zeit lange bevor die überhaupt geschrieben wurde, liegt der Anfang (aber nicht begraben). Gondwanaland, der Super-Kontinent, stieß irgendwann mit Laurussia zusammen, der auch Euramerika genannt wird. Die beiden, und noch einige Kleinigkeiten wie Sibirien, formten den Super-Super-Kontinenten Pangäa. Da war die Welt schön geordnet, alles Land beisammen und alles Wasser zum großen Ozean, Panthalassa, vereinigt. Das Land war flach und bog sich zusammen auch mal zu 8.000-ern, die heute noch im Gebirge vertreten sind, aber nur als Sedimentschicht in den neuen Gebirgen, nachdem das ewige Wasser sie zu Sand verarbeitet hatte. Man konnte von Neuseeland bis Alaska zu Fuß, soweit die Füße einen so weit tragen konnten. Antarktis und Alaska in fußläufiger Entfernung, nicht übel.

Das Gebilde zerfiel rasch, d.h. in 500 Mio Jahren, und Gondwana sauste Richtung Süden. Der große Ozean spaltete sich auf und daraus entstand zum einen der Große Ozean und zum anderen der Atlantik sowie andere kleine Gewässer. Dieser ist immer noch so groß, dass der Point Nemo, der Pazifische Pol der Unzugänglichkeit, noch 2688 km vom nächsten Stück Erde entfernt ist, das aus dem Wasser guckt, und dieses etwa 60 Meridiane von Australien entfernt, also ein Sechstel Erdumfang. So gucken die Gondwana Wälder ostwärts zum Restmeer von Pathalassa, an dessen Ufern sie einst gestanden haben, als die Dinos noch ganz klein angefangen hatten.

Antarktica, aber Tropica!

Wir und der Wald

Die Urwälder, die UNESCO heute zu schützen sucht, haben eine üble Vergangenheit hinter, und eine noch üblere vor sich. Menschen, die glaubten, Wirtschaft zu betreiben, haben in Wirklichkeit eine Sauwirtschaft zu Lasten der Wälder betrieben. So verdankt die „typisch englische“ Landschaft ihre Existenz dem Raubbau am Wald. Man verwandelte Bäume in Schiffe, um andernorts Bäume zu fällen und diese zu verkaufen. Noch vor den Engländern haben die Griechen und Römer dasselbe getan, und ihre Nachfahren sitzen heute auf dem trockenen Land. In der Osttürkei wurde die gesamte Landschaft der Erosion freigegeben, indem man die Wälder für die Eisenbahn abgeholzt hat, die die Truppen im ersten Großen Krieg an die russische Front bringen sollte. Nur wenige Jahre hat es gedauert, das zu vernichten, wofür die Natur ganze Epochen der Erdgeschichte gebraucht hat. Noch schlimmer sieht es auf Borneo aus, wo man einen ganzen Staat, Sabah, radikal gerodet hat, um Ölpalmen zu pflanzen. Die ältesten Wälder der Geschichte in eine Pommes-Öl-Plantage verwandelt und das in nur 40 Jahren! Die Regierung von Malaysien verkauft die Naturvernichtung auch noch als ein Akt des Naturschutzes: „Wir betreiben nachhaltige Wirtschaft durch nachwachsende Energien“. Chuzpe, nennt man so etwas in Berlin. Oder schamlos lügen, auf gut Deutsch.

Wer Zeugnisse der Erdgeschichte sehen möchte, die heute noch lebendig sind, muss weit fliegen, nach Australien oder Neuseeland. Man kann natürlich auch nach Neuguinea (gefährlich) oder Neukaledonien (Franzosen), spart aber kaum Benzin. Wer nachhaltig handeln möchte, kann sich in ein Paddelboot setzen und Richtung Südost starten. Wenn man heil ankommt, wird ein Großteil der Gondwana noch Wälder da sein.

Gondwana wird aber weiterleben, ab 1. Juli 2011 im Leipziger Zoo!