Wanderer kommst Du nach Hurghada…

 

Ein Berliner Anwalt in der Wüste …

Muss man eine Tauchgeschichte ausgerechnet mit einem Berliner Anwalt anfangen? Nein, es sei denn, dieser hat sich die größte Mühe gegeben, das Taucherlebnis zu prägen. Dies tat tatsächlich Dr. ??, dessen echten Namen man besser nicht nennt, weil er sich derzeit vermutlich mit einem Thema befasst, was alle Chaoten von Hackern bis zur unseren hoch geschätzten Justizministerin lieben: Abmahnen von Websites.

Das Zimmer im Taucherhaus war wie beschrieben, eher Zelle denn Luxusbude. Draußen vor den Zellen stand ein Tisch, an dem ein hochgewachsener Mann einer unterwürfig zuhörenden Frau seine frischesten Erlebnisse erzählte. Eigentlich ist so etwas nicht zitierfähig bzw. -würdig. Aber diese Erzählung ließ mich erzittern: „Wir hatten vor, zusammen zu tauchen. Bei 40 m meinten die Beiden plötzlich, ich solle allein tauchen, und sie verschwanden in der Tiefe. Ich schwamm eine Weile rum und tauchte dann auf. Die Demels hatten auch das Tauchschiff auf die andere Seite des Riffs beordert. Ich musste dorthin schwimmen und legte deswegen mein Gerät und den Bleigürtel ab. Unterwegs hat mir dann ein Fisch eine Flosse abgebissen. …“ Ufffff! Eigentlich fährt ein anständiger Mensch nach Anhören einer solchen Story gleich nach Hause. Radaubrüder müssten dort zugange sein! Bestimmt! Und der Fisch, der die Flosse abbeißt …

Als sich der Abend senkte und die Luft kühler wurde, kamen einige der Sportsfreunde heim und fragten mich, ob ich nicht mit ihnen ins Kaffeehaus ginge. Natürlich, tauchen musste ich ja mit den Ekelpaketen nicht. Beim Backgammon und Domino hörte sich die Story vom Nachmittag schon anders an. Die Beiden hatten dem Dr. ?? eingeschärft, dass niemand, aber niemand tauchen dürfe, bevor Rudi dies erlaubt. Der Kerl ist aber trotzdem mitgetaucht. Vor dem Abtauchen wurde dem wichtigen Herrn noch gesagt, man wolle in 70 m Tiefe, was eine Art Himmelfahrtskommando darstellt. Daher sei seine Anwesenheit nicht erlaubt. Genau bei 40 m haben die Freunde ihm den freundlichen Wink gegeben, endlich abzuhauen. Die Dumpfbacke ist dann noch um das Riff getaucht. Als er endlich die Oberfläche erreicht hat, war das Taucherschiff auf der anderen Seite. Nu war der Kerl auch noch zu bequem, seine Flasche zurück zu bringen. Er hat diese im Riff abgelegt, wobei er auch noch das Blei dort deponiert hat. Zu allem Verdruss verlor er dabei noch eine Flosse. Taucher-Strip-Tease!

Alles wäre noch zu ertragen, aber nicht die Tatsache, dass er das Blei abgestreift hat, aber den Gürtel behalten. Der gehörte nämlich ihm. Seine Verzweiflung konnte also nicht allzu groß gewesen sein. Da halfen alle anwältlichen Fisimatenten nicht - er hatte seinen Namen weg, Django. Wir versuchten Rudi davon zu überzeugen, dass der Herr Anwalt nicht tauchen dürfe. Diesem war die Sache aber egal und er übergab Django einer Professorin aus Heidelberg, die eine wahre Taucherin war und den Kerl übermannt hätte, wäre da nicht das kaputte Bein. Sie war sozusagen auf Bewährung hier und wollte versuchen, ihre Tauchfähigkeit mit einem Bein zu prüfen. Sie gingen ins Wasser, das aussah wie Erbsensuppe, trüb! Nach einem Meter kam die Professorin hoch und sagte, man könne nicht tauchen, weil zu trüb. Django war aber trotz ihres Befehls zum Rückzug allein in der Tiefe verschwunden. Nach einer halben Stunde kam er hoch und schimpfte, warum er denn hier tauchen müsste. Als Rudi ihn anschrie, dass er nie mehr hier tauchen darf, blökte der nette Mann: „Wieso lässt Du mich mit der Krüppeltante da tauchen?“ Ich dachte, dass wäre das Ende seiner Taucherkarriere, was auch Rudi dachte. Dem Herrn Anwalt wurde das Tauchen verboten, worauf er eine Klage androhte.

Rudi hatte kein weiches Herz, aber auch keine Lust, den Prozess abzuarbeiten. Als Bonsai-Salomo befahl er, Django möge nie mehr als 25 m tauchen. Damit hat Rudi unbewusst beinah mein Ende bewirkt. Als wir eines Abends über einem Wrack kampierten, wollte ich mit zwei anderen nachts tauchen. Rudi sagte, macht es nicht. Wir machten es trotzdem. In der Kapitänskajüte schlief ein Furcht erregender Bursche, ein Zackenbarsch von einer Länge über zwei Metern, eine echte Wuchtbrumme. Den kannte Rudi ganz gut, denn im Taucher hatte es gestanden, dass der Bursche versucht hatte, dem Rudi den Arm abzubeißen. Rudis Arm war noch lahm, die Liebe zwischen den beiden richtig kalt. Deswegen hatte Rudi uns gewarnt. Aus lauter Angst legten wir uns auf den Boden und ließen die Tür offen, für den schlimmen Fall, dass der schlafende Fisch aufwacht und randaliert. Wir guckten mit dem Herzen tief in der Hose den Megafisch an. Plötzlich stand Django in der Tür und winkte mit seiner Lampe. Tausend Tode sind wir gestorben, bevor wir es in die Freiheit geschafft haben. Als wir oben ankamen, meinte Django, wenn wir den Befehl verweigern, dürfe er das auch. Außerdem waren wir nur 10 m getaucht. Das dürfte er noch.

Nu genug Django, obwohl er viel mehr Unheil angerichtet hat. Aber die Crew war sonst so nett, dass man selbst ihn überleben konnte, ohne einen seelischen Knacks zu bekommen. Trotzdem muss die Geschichte erzählt werden, weil Djangos vielerlei Berufe die Welt der Taucher bevölkern. Allerdings stellen sie nicht die Mehrheit, sondern nur die Minderheit, vor der man sich schützen sollte. Am besten tauchen nur dort, wo es nicht nach Abenteuer ausschaut. Es muss aber nicht unbedingt eine überdachte Insel auf den Malediven sein, auf der sonntags Kaffee und Kuchen serviert wird.