Katherine Gorge

 

Es scheint mir unmöglich, sich nicht in Katherine zu verlieben. (Bilder david55king und gisellai) Man kommt an Unmengen Wasser, nachdem man viele tausend Kilometer durch eine der trockensten Wüsten der Welt gefahren ist. Jedenfalls, wenn man aus dem Süden kommt, wo man immer her gekommen ist. Auch der Mann, nach dem die Straße benannt worden ist, John McDouall Stuart. Seine Reise in den Norden war von einer Familie um James Chambers gesponsert worden, daher nannte er den von ihm entdeckten Fluss Katherine, nach der zweiten Tochter des Sponsors.

Dieser Fluss macht ihrem Namen nicht immer die Ehre, d.h., sie fließt oft nicht. Dann sind die einzelnen Teile des Gorge voneinander getrennt. Wenn die Fluten kommen, vereinigen sich alle 13 Kammern zu einem langen Flusslauf, und man kann darauf paddeln. Böse Leute bemerken, auf eigene Gefahr, denn die großen Krokodile könnten auch mit der Flut her gekommen sein. Vielleicht … Aber wie immer drohen die größten Gefahren von den kleinsten Viechern, so auch hier. Moskitos! Hier können sie aber nur lästig sein, Australien ist kein Malariagebiet. Aber man kann auch an Blutvergiftung sterben, wenn man tausende Stiche abkriegt. Da war ich sehr nahe dran. Krokodile? Fehlanzeige!

Sandstein, weich und bunt. Er gibt überall auf der Welt Anlass zu Träumen von der Architektur, von der natürlichen. Wer seine Eigenschaften nicht kennt, ist zu tausend Jahren Fronarbeit verdammt. Die Kölner haben gerade mal 760 davon abgearbeitet an der bekanntesten Dauerbaustelle Deutschlands, dem Kölner Dom. Mer losse d’r Dom en Kölle! lautet deren Spruch. Nur, dass es allerhand kostet, den Dom in Köln zu lassen. In Katherine kein Problem. Der Fluss schneidet durch den Sandstein wie durch Butter. Seit einer Milliarde Jahren. Da nimmt sich der Dauerfraß durch den Sandstein im Grand Canyon mit 17 Mio. Jahren mickrig aus. Allerdings ist der Colorado um Längen erfolgreicher. Dessen Canyon misst 450 km in Länge. Dafür lebt dort kaum etwas. Das ganze Geschiebe ist lebensfeindlich.

Katherine habe ich lieben gelernt, als wir dort auf dem Campingplatz übernachteten. Eine warme Sommernacht, nach unseren Maßstäben, hatte ihren sanften Mantel über uns geworfen. Die Fliegenden Hunde verließen nach und nach ihre Bäume und flatterten der Nacht entgegen. Vor dem Vollmond erinnerten sie uns wirklich an den Fürsten aus Transilvanien. Unser Lagerfeuer knisterte kaum vernehmbar, weil im Camper eine Berliner Band eine grauenhafte Musik schmetterte. Zu diesen Geräuschen kam ein lautes Knistern hinzu. Sie stammten von den Kängurus, die sich an unsere Nudeln heran gemacht hatten. An die ungekochten. Ich vermute, auf dem Campingplatz war eine Menschenmenge in der Größenordnung von einem Drittel der Bevölkerung des Landes zusammen gekommen, das so groß ist wie Deutschland. Die Hauptstadt des Landes wurde von 3.500 Menschen bewohnt, auf dem Rest verloren sich ebenso viele.

Krokodile und Fledermäuse hören sich schön exotisch an, aber noch exotischer sind Papageien, Sittiche u.ä. Daran ist Australien nicht gerade arm. Die größten, die Kakadus, werden bis zu 68 cm groß und sind durch ihre aufstellbare Federhaube zu erkennen. In Australien sind u.a. Gelbhaubenkakadus, Rosakakadus, Rabenkakadus, Inkakakadus und Nympensittiche anzutreffen. Loris zeichnen sich meistens durch ein grünes Federkleid mit roten, blauen, gelben, braunen oder schwarzen Elementen aus. Für Papageien untypisch ernähren sich Loris vor allem von Nektar und Blütenpollen. Wozu brauchen die denn den krummen Schnabel? Wellensittiche und Zebrafinken entstammen nicht deutschen Wohnstuben, wo man sie häufig treffen kann, sondern Australien. Dennoch stammt der Name des Nationalparks nicht von den Vögeln ab.

Katherine Gorge liegt nicht in Kakadu, sondern südlich davon. Die Stadt in der Nähe heißt auch Katherine. Ich habe nicht heraus bekommen können, was zuerst den Namen trug. Wahrscheinlich der Fluss, der seit einer Milliarde (!) Jahren das Land in 12 km Länge und bis 70 m tief gegraben hat. Der Nationalpark heißt heute Nitmiluk, was in der Aborigine Sprache so viel wie Ort der Zikaden-Traumpfade bedeutet. Das Volk der Jawoyn erhielt vor nicht langer Zeit seinen Besitz zurück und verwaltet den Nationalpark mit.

Katherine ist eine Stadt, bei der Rennarena und Friedhof etwa so viel Platz einnehmen wie die Häuser. Da wir nur wegen der Schluchten hierher gekommen waren, hatte ich das Wichtigste übersehen. Die Stadt besitzt eine der größten Schulbezirke der Welt. Die Schule heißt „School of the Air“, was ich dümmlicherweise als eine Art Schule für Flieger übersetzt hatte. Daher sind wir achtlos an der Schule vorbei gefahren. In Wirklichkeit werden von hier aus Kinder bis zu einer Entfernung von 700 Meilen unterrichtet. Zu Prüfungen müssen die Kids natürlich her geflogen werden. Ansonsten unterhält sich der Lehrer mit ihnen über Radio. Auch der Flying Doctor kann von hier angerufen werden.

Mit der School of the Air verbinde ich die lustigste Art des Unterrichts, die ich mir vorstellen kann. Früher, als die Farmen keinen Strom hatten, mussten die Kinder ihn selbst erzeugen. Sie saßen in einer Art Fahrradgestell und mussten treten, um den Lehrer zu hören oder ihm was zu sagen. Und? Hört man auf zu treten, ist der Lehrer einfach weg, löst sich in der Luft auf!

Was sich nicht so schnell in der Luft auflöst, ist die imposanteste Luftflotte, die ich je gesehen habe. Sie besteht aus etwa einer halben Million Fliegenden Hunden, die tagsüber in den Bäumen hängen. Kopfüber und schon zusammen gewickelt. Sie sehen wie große schwarze Feigen aus, wenn man die Bäume aus der Ferne beobachtet. Man kann sie z.B. von einem Kanu aus beobachten und hat den Eindruck von Bäumen mit großen Früchten, bis sich diese anfangen zu bewegen. In Katherine Gorge ruhen Tiere, die man oft mit Graf Dracula in Verbindung bringt, der tagsüber auch zu ruh´n pflegt. Diese hier haben mit Draculas Vögelchen nichts zu tun. Sie leben nur von Früchten und heißen deswegen fruit bats. Auch wenn man dies weiß, und sich nicht irgendwie als Mango oder Papaya fühlt, geht einem ein Schauer über den Rücken, wenn sie sich kreischend in den Abendhimmel erheben. Der Abflug dauert über eine Stunde.

Katherine my love

Ein Ort der Ruhe … für wen?

Wenn man nichts zu tun hat, oder zu viel Geld, oder Zeit, oder einfach Lust, etwas Einmaliges zu sehen, ist in Katherine richtig. Exotik, Ruhe, Schönheit oder jede Menge Flattersäuger, das alles und viel mehr lässt sich dort finden. Auch noch der Lieblingsfisch der Aussies: Barramundi. Etwas für jeden Geschmack. Man könnte den Ort ruhig Katherine the Great nennen.

Foto Kaptain Kobold

Foto Tourism NT

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