REISEN - REISEN
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Bilder und Geschichten aus meinen Reisen
Lost City
Termiten sind eigentlich blind und können kaum erahnen, wie hübsch ihre Häuser und Paläste aussehen. Die sitzen nämlich drin. In Australien können ihre Bauten bis etwa fünf Meter gen Himmel ragen. Nach welchem Kriterium sie ihre Häuser anlegen, ist mir leider nicht geläufig. Irgendwelchen Sinn wird es schon haben. Anders bei den sog. magnetischen Ameisen (magnetic ants), das sind Termiten mit einem besonderen Sinn für das Magnetfeld der Erde.
Die Bauten der magnetic ants ragen zwar ohne erkennbares Muster aus der Erde, sie sind aber erstens nicht rund und zweitens parallel ausgerichtet. Sie verlaufen alle in Nord-Süd-Richtung und sehen sehr grau aus. Die anderen Termitenhügel weisen Farben von beige bis rötlich auf, was auf eine besondere Lebensweise der magnetischen Verwandtschaft schließen lässt.
Tatsächlich: Diese Termiten leben in Ebenen, die öfter mal unter Wasser stehen. Daher leben sie oberhalb der Erde, in dem Hügel. Daher benötigen sie eine optimale Kühlung des Baus. Deswegen sind die Hügel so ausgerichtet, dass die Sonneneinstrahlung möglichst wenig Schaden anrichtet. Bleibt zu hoffen, dass sich unsere Stararchitekten, die gerne Glaspaläste bauen, etwas von den angeblich dummen Tieren abgucken.
In der Umgebung der Hügel der schlauen Termiten kann man viele Vögel bewundern. Sogar die ganz seltene Hufeisennase, lebt in der Nähe. Das ist ein Verwandter der Kleinen Hufeisennase, für dessen Überleben man versucht hat, den Brückenbau über die Elbe bei Dresden zu stoppen. Die australische Art, von der die Rede ist, ist die orangene. Die Schwarze Gabelweihe, der Rote Fliegende Hund u.v.a.m. bevölkern den Luftraum, in dem auch der Sugar Glider, ein fliegendes Eichhörnchen, anzutreffen ist. Dieser fliegt zwar weniger elegant als die Vögel, weil er höchstens 50 m weit kommt, das reicht aber zum Überleben, weil man so den bösen Landtieren, Dingo, Fuchs, Beutelmarder u.ä., ausweichen kann.
Im Litchfield National Park kann man sich ein Kick besonderer Art gönnen, Schwimmen mit Krokodilen, ohne dass diese einem was abzwacken. An den Wangi Falls findet man Warnschilder, die einem die Krokodilgefahren nahe bringen. Da man aber viele andere Menschen sieht, die bereits im Wasser sind, hat wohl ein Scherzbold die Schilder von woanders hergebracht, wo sie leider fehlen. Oder die Tiere sind satt, weil das Futter täglich reichlich angekarrt wird.
Die Wangi Falls sind die Hauptattraktion des Parks, denn zu diesen Fällen und zum schönen Pool muss man ausnahmsweise mal nicht lange laufen oder kraxeln. Beides ist vom Parkplatz und vom Campingplatz aus ohne Steigung bequem in wenigen Minuten zu erreichen und nur 2 km von der Hauptstraße entfernt. Am Pool befindet sich eine Aussichtsplattform, von der aus man einen schönen Blick zu den Fällen hat. Wer kitschige Aufnahmen machen möchte, sollte am Abend hierhin gehen, dann scheint die Sonne auf die Felswand. Da leuchtet sie wunderbar rötlich. Die Aufnahmen lassen sich lässig in Filme wie die von Rosamunde Pilcher einbauen. Man kann sich natürlich so ein Ding selber drehen, „Out of Litchfield“ oder so. Kitsch as kitsch can …
Das Gebiet, in dem die Hufeisennase lebt, die Gegend um Tolmer Falls, genießt einen besonderen Schutz, da die Tierchen und ihre Nachbarn, die Australischen Gespenstfledermäuse, menschliche Nähe nicht allzu hoch schätzen. Man könnte den Schnöseln was husten, weil sie uns nicht mögen, kriegt aber gleich mit den Parkrangern zu tun. Wer sich ebenso wenig für andere Menschen interessiert, kann sich bei Florence Falls in der Nähe in ein Tal hinein begeben. Am Weg steht aber 4WD, und das ist ernst zu nehmen. Wenn man die etwa 1200 m hinter sich hat, kommt man in ein Campground mit sage und schreibe 6 Plätzen an. Trotz der kleinen Zahl kann man auf einen freien Platz hoffen, weil die Zufahrt nicht geheuer ausschaut.
Eigentlich wäre die Bezeichnung „Polis“ zutreffender, was Lost City angeht. Ich weiß nur nicht, wie man verloren auf Griechisch schreibt. Die Gegend sieht aus wie ein neu entdecktes Trümmerfeld aus der Antike. Hier wurde aber garantiert nicht gebaut. Eher abgebaut. Wind und Wetter haben über Jahrtausende die Felsen so verwittern lassen, dass die Landschaft einen wirklich an antike Städte erinnert.
Das Interessanteste an Lost City war sicherlich die Anreise. Man kann in dem Litchfield National Park recht nahe an den Ort über Straßen fahren, aber das letzte Stück von etwa 10 km stammte noch aus dem Erdaltertum. Ohne Vierradantrieb und große Räder ging nix. Die Anfahrt zu Jim Jim, die schlimm genug war, nahm sich gegenüber dieser wie ein Kinderspiel aus. Der Weg zu „The Lost City“ war schlicht ein Flusslauf mit Klamotten in Kopfgröße. Gefühlte Geschwindigkeit 1 km/h, echte etwa das Doppelte. Die Kinder zogen es vor, das Auto zu verlassen, und zu Fuß weiter zu gehen. Es dauerte nicht lange und ich war auch mit dem Truck angekommen.
Dabei befindet sich Lost City ganz in der Nähe von Darwin im Litchfield National Park. Durch die Nähe zu Darwin ist der Litchfield National Park ein ideales Tagesausflugsziel. Wenn man den Park genauer erkunden möchte, sollte man sich zwei bis drei Tage Zeit nehmen. Landschaftlich zeichnet sich der National Park durch eine üppige, tropische Vegetation, Steilwände aus Sandstein, Termitenhügel, ungewöhnliche Felsformationen sowie seine pittoresken Wasserfälle aus.
Der Litchfield National Park liegt im Gebiet der Tabletop Range, ein langes Sandsteinplateu. In den Monaten Oktober bis Mai, wenn es im Top End verstärkt regnet, tosen spektakuläre Wasserfälle donnernd in die Tiefe. Während der übrigen Monate, wenn der Wasserfluss sich etwas abschwächt, sind sie mit ihren natürlichen Pools die perfekten Orte zum Baden. In Lost City lassen die Wassermassen halt nur Trümmer zurück.
Lost City weist die Abmessungen einer Kleinstadt auf. Die gesamte Fläche wird von verwitterten Sandsteinformationen beherrscht. Dafür sorgt neben dem Wasser auch der Wind. Während der Wind ohne weiter Spuren zu hinterlassen, in der Ferne verschwindet, bleibt das Wasser mit der Landschaft noch eine Weile verbunden und bildet mal Wasserfälle, mal Ponds und mal Löcher. Wer vom Krabbeln genug hat, kann sich in Kristall klares Wasser werfen, unter dem Wasserfall schwimmen oder gar die Gegend per equus, also hoch zu Ross erkunden.
Campen hier ist Extraklasse, weil die Campingplätze gut ausgebaut sind und mit nettem Personal bestückt. Auch wenn sie wegen des fehlenden Swimmingpools keine vier Sterne bekommen, wer wird denn in der Nähe von erstklassigen Wasserlöchern ein Pool buddeln? - guter Aufenthalt ist garantiert. Ein solches Wasserloch hat mir beinah das Leben gerettet, ich meine beinah, denn ich war nicht in Gefahr erschlagen oder erschossen zu werden, sondern nur erstunken. Bei meiner letzten Tour hier hatte ich eine Radlerin aufgelesen, die vor Erschöpfung einfach auf die Straße gefallen war. An sich war sie sehr nett und auch interessant, weil sie auf dem Weg von Adelaide nach Sibirien war. Wie bitte? Sie hatte sich ihren Weg über 4.000 km nach Norden gebahnt, um einen Mann zu treffen, mit dem es in Sibirien weiter gehen sollte. Das machen die Vögel eigentlich auch. Nur kommen sie wohl öfter an Stellen vorbei, wo man ins Wasser gehen kann. Dieses Glück war der Dame nicht beschieden gewesen. Obwohl meine Nase bestimmt nicht den ersten Preis für ihre Hauptaufgabe bekommen würde, gestaltete sich die Tour jenseits des erträglichen.
An einem Wasserloch mit einer großen Tiefe kam mir der rettende Gedanke. Ich erzählte ihr, da unten wären interessante Fische. Als sie sich über die Kante beugte, um die Fische zu erspähen, bin ich so unglücklich gestolpert, dass sie ihre erste Begegnung mit Wasser seit Wochen machen musste. Erst nach einer Viertelstunde half ich ihr aus dem Loch. Keine Ahnung, ob sie mein Stolpern als Unfall anerkannt hat oder nicht. Ich musste sie nicht mehr Odora nennen.
In Lost City sollte mir noch eine seltene Begegnung zu Teil werden, mit einem Waran Auge in Auge. Das Tier kam in aller Ruhe aus dem Busch raus, watschelte durch die Gegend und ließ sich hübsch filmen. Und noch eine grauenhafte Begegnung: eine mit der einzigen Schlange der Welt, die selber angreift, dem Taipan. Zum Glück hatte ich gerade Brennholz gesammelt …
Magnetische Ameisen …
Welche City denn?
In Lost City wandelt man trotz der relativen Nähe der Stadt Darwin in echter Wildnis. Die Wasserfälle hingegen haben mich an Yosemite erinnert, viel Rummel in natürlicher Umgebung. Allerdings ist die Zahl der Menschen, die man trifft, relativ klein. Und es gibt keinen Kommerz. Den Weg nach Lost City hat man nach unserer Fahrt irgend wann mal ausgebaut. Die Autovermieter schließen zwar den Ort immer noch vertraglich aus. Das liegt aber daran, dass viele Esel das Naturdenkmal als Motocrosspiste benutzt haben.
Foto Tourism NT
Yarramalong ist das Land der wilden Pferde