REISEN - REISEN
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Bilder und Geschichten aus meinen Reisen
Luxusherberge in der Wildnis
Wie man hierher kommen würde …
Die Indianer haben die Anreise über die Beringstraße und Alaska geschafft. Muss wohl ein paar Tausend Jahre gedauert haben. Bei den Weißen ging es schneller, erst über den großen Teich schippern und dann paar Jahrhunderte Indianer metzeln. Danach war man schon in der Nähe. Doch ganz hinein gekommen sind sie nicht. Monument Valley ist Indianerreservat. Nicht nur auf Hawaii gibt es kein Bier.
Ein heutiger Europäer besteigt einen Flieger, wenn er denn darf, und landet irgendwo in der Nähe. Z.B. in Salt Lake City oder Denver oder eben Las Vegas. Die Heimat der Spieler ist gar nicht so weit entfernt vom Wilden Westen. Dort kann man sich Tours anschließen, die einen ganz auf die Schnelle zum Grand Canyon oder Bryce Canyon bringen. Und abends gleich wieder zurück, damit man seine Kohle in LV verheizen kann. Zum Monument Valley dauert es ein bisschen länger.
Wer zuerst die Glitzerwelt erleben möchte, kann damit sofort am Flughafen anfangen. Man muss nicht erst in die Stadt, um den Banditen in den einen Arm zu fallen. Dummerweise haben die Maschinen keinen Arm mehr, den man drücken muss. Die sind sowas von High Tech, dass ich keinen Cent mehr eingeworfen habe. Dabei hatte ich einst als Schüler mein Taschengeld damit aufgebessert.
Der Weg zum Monument Valley verlangt ein Auto. Mir hatte der Vermieter noch ein Navi untergejubelt, den man nicht wirklich braucht. Ich bin schon mal von San Francisco zum Grand Canyon und zurück ohne Karte gefahren, nur nach Sonne. Und die scheint ewig. Meistens! Verlässt man Las Vegas Richtung Norden, ist man schon nach einer Stunde in Niemandsland. Der Ort hatte natürlich einen Namen, Glendale, einen Tante Emma Laden und eine Tankstelle, die leider zu war. Wäre ich nur 15 Minuten später gekommen, wäre auch das Motel zu gewesen. Ja, das ist alles, was Glendale ausmacht.
Die freundliche Dame sagte mir bei der Schlüsselübergabe, ich wäre in der folgenden Nacht der einzige Mensch hier. Ich sollte daher etwas zu Essen kaufen. Aber zum Frühstück würde sie wieder kommen. Glendale ist der lebendige Tod. Immerhin residierte ich allein in dem ganzen Motel. Man kann es auch anders ausdrücken: Ich war der einzige Dumme, der sich nach Glendale verirrt hatte. Wenn die Tankstelle umgebaut ist, werden sich vielleicht zwei am Tag hierher verirren. Der Fortschritt lässt sich nicht aufhalten.
In der nächsten Stadt sah es schon freundlicher aus. Die hatten sogar ein shopping mall mit großem Parkplatz. Der war auch nötig, weil mancher Reisender nicht nur einen 10-Meter-Camper mit sich schleppt, sondern auch noch weitere Vehikel. Dieser hier sah noch nach Wüstenrally aus. Andere hatten zwei bis drei Jetskies im Schlepp. Was macht man damit in der Wüste?
Man fährt ewig die I-15 entlang, wird dauernd von Brummies überholt, die hier trucks heißen. Die Herrschaften, die darin sitzen sehen zwar nicht so grimmig aus wie in den Filmen. Doch allzu warm ums Herz wurde mir nicht. Wenn ich die Gesetze einhalten wollte, sprich die 65 Meilen/Stunde, wurde ich dauernd überholt. Bei 85 klopfte mein Herz stark, weil ein eifriger Sheriff einen gleich ins Kittchen packen darf, wenn er einen dabei erwischt.
Das war mir vor Jahren passiert, als ich von einem Muliritt in den Grand Canyon zurück gekommen war. Der Durst war so übermächtig, dass ich gleich zwei Dosen Bier getrunken hatte. Und dann diese Sirene hinter mir! Der Sheriff überholte mich nicht und ließ seine Sirene heulen, über mehrere Kilometer, bis mir einfiel, dass amerikanische Polizisten einen nie überholen. So fuhr ich an die Seite und stieg aus. Erst ma´ die Hände ans Auto und Beine breit. Das Auge des Gesetzes hatte gesehen, dass ich die Mittellinie so um die 20 cm überfahren hatte. Wen juckt´s mitten in der Wüste? Den Sheriff! Ordnung muss sein?
Den Sheriff, natürlich. Als er zu mir sprach und ich zu ihm, brüllte er plötzlich los und sagte, ich hätte Alkohol getrunken. Ja, gestern Nacht in Nevada. Mit einem Auge bei mir inspizierte er das Auto und war beruhigt, als er nur leere Coladosen erblickte. Die Bierdosen hatte ich bereits entsorgt, weil man wegen einer offenen Bierdose ins Kittchen kommen kann. Und das ohne zu trinken. Die Nase des Gesetzes hätte mich beinah verdammt, wäre da nicht ein Brummi gekommen, der die Luft von meiner Seite zum Sheriff rüberwehte. Er bekam einen Schock ob der Düfte, denn ich hatte nicht geduscht, nachdem ich Stunden auf dem Muli in der Wüste verbracht hatte. Das war die Rettung.
Bei dieser Reise rührte ich keine Dose an. War vermutlich auch nicht möglich, weil ich entweder in Utah war oder auf Indianerland. Als mich eine Verkehrsstreife wegen einer allgemeinen Kontrolle anhielt und der freundliche Sheriff erklärte, sie wollten sicher gehen, dass alle Fahrer auf der Piste nüchtern seien, konnte ich ihm stolz berichten, so nüchtern wie jetzt sei ich zuletzt als Jugendlicher gewesen. Stimmte sogar. Mindestens zwei Wochen ohne Alkohol, nicht mal Cognacbohnen.
Nüchtern war ich dennoch nicht. Die Landschaft machte mich richtig high.
Wie die Karte zeigt, muss man bei der Fahrerei nicht allzu viele Orte berücksichtigen, es gibt nämlich kaum welche. Die auf der Karte eingetragenen, z.B. Kayenta vor den Toren des Monument Valley, sind größere Dörfer oder kleine Städte. Die nicht eingetragenen bestehen meistens aus einer Tankstelle, in dessen Nähe paar Hütten stehen, um die herum viele Pickups drapiert sind. Es gibt fast immer mehr Pickups als Hütten. Den Weg muss man genau planen, weil man irgend wann den Colorado überqueren muss, über den es nur wenige Brücken gibt. Eine davon bildet der Glen Canyon Dam beim Städtchen Page, eine gewaltige Betonmauer in einer Schlucht vom Colorado.
Hier hat sich der Fluss nicht so tief eingegraben wie beim Grand Canyon North Rim, wo man fast 2000 m in die Tiefe gucken kann. Mir hatte dort ein freundlicher Ranger verraten, man möge morgens vor Sonnenaufgang zum Canyon und sich auf einem Felsvorsprung hinlegen. Die Stille genießen … und die Symphonie der Farben. Gesagt getan! Ich stand um ca. 4 Uhr auf und legte mich am Canyon auf den Bauch. Daneben hatte ich die Videokamera aufgebaut, die die Geburt des neuen Tages dokumentieren sollte. Das Erlebnis war grandios, das Video aber ebenso schlimm, dass ich es niemandem gezeigt habe.
Die Fotos sind aber nicht so verfälschend wie das Video. Man kann schon ein Gefühl dafür entwickeln, wie sich ein Fluss seinen Weg durch ein Gebirge beibehält. Beibehalten? Ja, der Colorado und sein Canyon sind einmalig auf der Welt, denn den Fluss gab es vor dem Berg. Und der ist kein normaler Berg, sondern eine riesige Ebene, die von den Rockies im Norden, über Utah, Arizona, Nevada bis hin nach New Mexico reicht. Sie hat sich irgend wann mal dazu entschlossen, in die Höhe zu gehen. Da sie aber hauptsächlich aus Sandstein bestand, konnte auch der Colorado darauf bestehen, seinen Weg beibehalten zu dürfen. Und grub sich desto tiefer ein, je höher das Land wuchs.
Dass es sich bei dem „Berg“ um eine große Platte handelt, sieht man auch daran, dass es hier viele „Mesa“ gibt. Mesa bedeutet auf Spanish Tisch bzw. Tafel. Wenn der Fluss sich in die Ebene eingräbt, bleiben eben viele Stellen mit flacher Oberkante zurück, Tafelberge. Einer der berühmtesten heißt Mesa Verde, also Grüner Tafelberg. Wieso aber Spanish? Die ersten europäischen Eroberer waren hier, wie auch in Kalifornien, New Mexico und Arizona, sogar Lousiana, Spanier. Amerika hat ihnen große Teile abgenommen, während etwa ein Drittel vom heutigen Staatsgebiet ihnen der große Napoleon Bonaparte verkauft hat beim Lousiana-Deal. Ein echter Patriot!
Da der Fluss mit der Graberei es sehr ernst meint, schleppt er viel Schlick aus rotem Sand mit. Deswegen heißt der Fluss Colorado wie die Gegend, wo er geboren wird. Rot gefärbt, auf Spanish. Man sieht die Farbe nach einem Regen besonders deutlich. Verlässt man Page, kommt man an tollen Orten vorbei, die gerade mal ein Shopping Center ihr eigen nennen. Dort spielt sich das ganze Leben ab, wenn die Nachbarn aus ihren Bergen in die „Stadt“ kommen. Gegenüber New Mexico ist allerdings Arizona übervölkert. Dort hatte ich mal einen Ort gesehen, der nur aus Briefkästen bestand. Ein anderer Ort hatte ganze 4 Häuser, und das an drei „Straßen“. Deren Namen muss man auf der Zunge zergehen lassen, „Saddle Sore“, „Horse Kick“ und „Gun Wound“. Alles Gründe, um sich dort niederzulassen.
Ich hatte mir in Page paar Bananen und zwei Kilo Nektarinen gekauft. Das war gut so. Man musste viel weiter fahren, als ein Raucher zu seiner Camel braucht. Die Mitnahme von saugfähigem Papier wird ebenfalls empfohlen, da großblättrige Pflanzen in der Wüste ziemlich selten wachsen. Wenn, dann wären sie dornenbewehrt. Die Amerikaner reisen da etwas komfortabler. Manche kommen mit einem Bus der Marke Greyhound, der zu einem fahrbaren Palast umgebaut worden ist. Da ist noch Platz für einen getrennten Baderaum. Spartanisch denkende nehmen ihr Jeep mit, sportliche gar ein Pferd. Nicht selten ist ein Anhänger mit Seadoos dabei, auf denen man über Lake Powell pflügen kann. So etwa mit 40 kn!
Wer die Einsamkeit liebt, wird hier nicht enttäuscht. Meine Mutter würde dazu sagen: „Bist Du etwa verrückt? Warum sitzt Du nicht vor´m Ofen auf dem Schaukelstuhl?“ Mütter sind so. Leider machten sich bei mir auch andere Mütter sorgen, weil ich nicht einmal telefonieren konnte. Zunächst dachte ich, es gäbe keine Sendemasten. Tage später habe ich festgestellt, dass mein Telefon nur zwei Bänder empfangen kann. Die meisten Amis senden auf einem dritten. Die spinnen - die Amis. In einem Rausch von Größenwahn haben sie ein Handysystem entwickelt und wollten das der restlichen Welt aufdrücken. Die armen Europäer sagten nein, vielmehr mussten sie nein sagen, weil man sonst an jeder Grenze hätte seine SIM-Karte tauschen müssen. So befahl die EU, man solle ein System entwickeln, das freie Fahrt durch Europa ermöglicht, ohne das Telefon umzurüsten. Nennt sich GSM, und die Amerikaner gucken in die Röhre, weil etwa 196 Länder GSM benutzen. Leider nützt es einem nicht, dass er in 196 Ländern telefonieren könnte, wenn er sich gerade in den USA in der Wildnis aufhält. Die Amerikaner haben eine noch tollere Technik entwickelt, die in Monument Valley genau richtig wäre - Iridium. Das ist eine Flotte von 55 Satelliten, die um die Welt sausen. Man kann damit an jedem Ort der Welt telefonieren. Stimmt, sofern man beim Schleppen des Handy, das gar nicht so handy ist, nicht schon zusammengebrochen ist. Iridium war eine geniale Idee, die nur hätte in der Prairie geboren werden können. Nun leben über 50 % der Menschen in Städten und haben GSM schneller entwickelt als die Amis ihre Raketen hochgeschossen. Ein neues Iridium-Mobiltelefon kostet heute rund 1300 €. Um es sinnvoll benutzen zu dürfen, muss man 450 $ darauf legen. Und etwa 1 $ pro Minute. Man muss ja nicht ewig quatschen …
Ich kann nicht behaupten, in dieser Wildnis viele Tiere gesehen zu haben. Wenn man das will, sollte man eher in einen Zoo gehen. In der Natur laufen die Tiere nicht dauernd vor der Nase herum. Nur Vögel sind häufig zu sehen. Manche davon sind aber nicht willkommen wie der Kondor aus Kalifornien. Der wird hier ausgewildert. Die Indianer behaupten aber, hier hätte es nie einen Kondor gegeben.
Dafür gibt es Löwen, Pumas bzw. amerikanisch Cougar. Denen bei Spaziergängen nicht zu begegnen, ist allerdings kein Unglück. Sie sollen zwar ganz lieb sein, sind aber Löwen, auch wenn kleiner als in Afrika. Ansonsten ist das Land eingezäunt wie überall, denn Amerika ist Weideland für Rinder, die glücklich leben, bis sie die Cowboys einfangen. Ende bekannt.
Am Ende meines Weges stand Oljato. Dort hatte ein Man namens Goulding ein trading post, also eine Handelsstation mit Indianern gegründet. Die Sache ist so erfolgreich, dass dort jetzt ein Hotel, eine Lodge und ein Campground stehen. Als ich ankam, waren alle leider, leider ausverkauft. Dabei hatte ich gedacht, bei einem Preis von ca. 250,--$ die Nacht - in der Lodge - würde man lässig eine Bude bekommen. Man soll eben nicht viel denken.
Yarramalong ist das Land der wilden Pferde