Monument Valley ohne John Ford und Wayne…

 

An einem schönen Morgen

Die grauenhafte Nacht endete mit einem wunderschönen Morgen. Aber ich wachte auf, ehe er kam. Denn es wurde immer kälter. Egal wo, so zwischen vier und fünf Uhr ist die Nacht immer am kältesten. Im warmem Bettchen merkt man davon nicht viel, aber in einem Auto, das nicht für Übernachtungen gedacht ist umso mehr. Ich zupfte die Jacke auf und ab, verschob die Papierstücke zwischen den kalten und wärmeren Stellen am Körper hin und her, nahm den Rucksack auf den Schoß, und was einem noch alles einfällt, wenn man langsam erkaltet, ohne tot zu sein. So wachte ich etwa zwei Stunden vor Sonnenuntergang auf und sah die Landschaft mir an, die wahrlich gespenstisch wirkte. Eine einmalige Gelegenheit, den Sonnenaufgang in Monument Valley zu erleben.

Als sich die Sonne bequemte, sich am Horizont bemerkbar zu machen, das ist etwa 90 Minuten bevor sie überhaupt sichtbar wird, fuhr ich los und sah mir die Szenerie meiner Horrorfahrt von der Nacht zuvor an. Die Wolken hatten sich ziemlich verkrümelt - kein Wunder, der größte Teil von ihnen war in der Wüste gelandet. Sie schienen an den Bergen zu hängen, die fast senkrecht gen Himmel streben. Ich stellte mir dazu noch die Musik der Navajos im Radio ein, die ich an Navajo Mountain gekauft hatte. Zur Vollendung der Szene fehlte nur noch, dass Pecos Bill, Buffalo Bill, Wild Bill Hitchock und Lucky Luke aufmarschierten und mich fragten, wo denn Billy the Kid abbleibt.

Scherz beiseite, die Szenerie erinnerte mich an die Entstehung von Legenden und Märchen. Die Berge, die fauchen; die Berge, die rauchen; und besungen von Johnny Cash „Ghost Riders in the Sky“. Das Einzige, was ich leider nicht konnte, war, über die Prairie zu galoppieren. Ich war gerade aus dem Krankenhaus entlassen worden nach einer Operation, daher war es nicht sehr sinnvoll, auf ein Pferd zu steigen. Ein Glück! Denn die Reiter, die über das Monument Valley reiten, sind arme Träumer wie ich, die meisten von ihnen haben es versäumt, rechtzeitig das Dirigieren eines Pferdes zu trainieren. Daher sehen die Reitergruppen eher wie Anfängerabteilungen in der Reitschule aus - nur dass die Schule fehlt oder aus einem Indianer besteht, der wohl Rache für die ganze Unbill nehmen will, die die Weißen über sein Volk gebracht haben. Nebenbei gesagt, die Sache ist ungemein teuer, weil die Indianer doch nicht so dämlich sind, wie in Western dargestellt. Die so um 150 $ für zwei drei Stunden bezahlen, merken nicht, dass die Pferde nur deswegen nicht so hässlich grinsen ob ihrer Reitkünste, weil Pferde sehr höflich sind.

Langsam wich die Dunkelheit, und die Berge zeigten sich in voller Röte. Es war Zeit, zum Hotel zu fahren, um eine Tour zu buchen. So trampelte ich um 06:00 pünktlich in das Büro einer verschlafenen Indianerprinzessin hinein, die mir die Tour verkaufte. Sie sollte um 9 Uhr beginnen. Au, weiha - wie verbringt man drei Stunden ohne Ziel?

Ich beschloss, wieder nach Kayenta zu fahren, um dort zu frühstücken. Dort gab es Leckeres - McDonalds oder McDingsbums. ich kehrte in McDingsbums ein, weil ich die Frittenranch hasse. Dieser war aber auch eine. Na schön. Der Unterschied besteht darin, dass man bei McDonalds keine Hamburger bekommt, sondern nur das Menü für das Frühstück. Sonst kann man essen, was man will. Mir kam es vor Allem darauf an, dass ich mich waschen konnte. Tatsächlich! Hier schien man auf Gäste vorbereitet zu sein, die die Nächte im Freien verbracht haben. Es fehlte nur eine echte Dusche. Dafür gab es ein kleines Stück Museum: Navajo Code Talkers Display.

Die Story geht so: Im Zweiten Weltkrieg gelang es den Japanern immer wieder, die Codes der Amerikaner zu knacken. Vermutlich, weil viele Amerikaner in Wirklichkeit Japaner waren, so z.B. die auf Hawaii. Da kam jemand auf die Idee, eine Sprache zu benutzen, die man nicht mit Amerika in Verbindung bringt. Navajo! Das sind zwar die eigentlichen Amerikaner, durften aber bis dahin keine sein. Als die Kommunikation im Pazifik von Navajos übernommen wurde, waren die Japaner platt. Darauf sind die Navajos besonders stolz. Ohne sie wäre der Krieg vielleicht nicht gewonnen worden. Hätte man sie früher einbezogen, hätte man vielleicht den Japanern keine Atombombe auf den Kopf werfen müssen.

Die Navajos sind so stolz, dass auch in einer Frittenranch ihre große Tat umfänglich präsentiert wird. Ansonsten teilen sie das Schicksal vieler Indianer, von denen nur die Seminolen unbesiegt geblieben sind. (Deren Story habe ich kurz hier erwähnt) Der Rest wurde vernichtet, in Reservate gesteckt oder vegetiert als El Borracho irgendwo auf dem Kontinent. Die Lektüre der Geschichte der Indianer sei empfohlen für Leute wie unsere Bundeskanzlerin, die bei der Übernahme der Präsidentschaft der EU pathetisch verkündete, Europa sei der Hort der Toleranz, und die Toleranz sei die Seele von Europa. Das tat selbst den Sarkozy´s und Berlusconi´s weh. Sie können zwar Schlimmes, aber das nicht!

Nach dem Frühstück und der Katzenwäsche machte ich mich auf den Weg nach Oljato. So kurz nach 8 Uhr kam ich da an und setzte mich in die Sonne. Sie wärmte meine Haut durch und durch und vertrieb so die letzten Erinnerungen an die kalte Nacht. Langsam müssten die Touris doch ankommen, die mit mir in das Herz von Monument Valley fahren wollten.

Sie kamen aber nicht. Dafür sah ich, dass andere Vehikel, meist Jeeps losfuhren. So ging ich ins Büro, um die Dame nach dem Verbleib des Busses zu fragen, der uns fahren sollte. Sie war sehr erstaunt, weil ich hätte vor einer Stunde anfahren sollen. Man hätte mich überall gesucht. Wohl nicht vor dem Büro, denn da saß ich die ganze Zeit. Sie und ihr Chef zeigten auf zwei Uhren, hie Arizona, dort Utah. Wir sind in Utah, Sir. Da ist es eine Stunde später. Ach, nee! Ich habe doch eben in Arizona gefrühstückt. Stimmt, aber hier ist Utah. Tatsächlich! Etwa 100 m vor der Einfahrt zur Anlage hört Arizona auf.

Was tun? Sie bestellte mir einen Indianer ohne Pferd, aber mit Jeep. Wir kurvten mit einer Geschwindigkeit durch die Landschaft, die jedem Bewohner im Berner Oberland die Tränen in die Augen getrieben hätte. Rechts und links winkende Schnecken, die uns gute Fahrt wünschen, wenn sie uns überholen.  Und ein Gerüttel, das mir leise Zweifel einjagte, ob es doch nicht gesünder gewesen wäre, ein Pferd zu nehmen. Ist auch. Aber auch teuerer.

Am Ende fand mein Indianer den Tourfahrer, der auch stolzer Navajo war. In dem großen „Bus“, der ein 4WD-truck war, verloren sich vier Amerikaner, allesamt sehr nett und gesprächig. Es wurde ein toller Tag!