Warum ich in die Einsamkeit wollte

 

Einst hatten sich einige Leute aus meinem Verein zusammen geschlossen, um Reisen billig und nett zu gestalten. Keine Fremdlinge sollten unsere Planungen stören. Sobald wir acht Personen für einen Termin zusammen hatten, buchten wir eine Gemeinschaftsreise nach Irgendwo. Dass ich nach Nirgendwo wollte, verdanke ich einem kleinen Planungsunfall, dessen Folgen mich übel nervten.

Die Sache spielte sich auf einer recht unbekannten Insel mit dem Namen Phuket ab. Sie liegt am Andamanensee, unweit von Kuala Lumpur und Bangkok und verdankt ihren Aufstieg den Anti-Helden der Weltgeschichte, den US-Kriegern in Vietnam. Bangkok und Phuket bildeten ihre Etappe. Und wie man weiß, brauchen Soldaten in ihrer Freizeit Zerstreuung. Die Folgen kennt man auch. Dummerweise war dies mir nicht bekannt, bis ich in Bangkok aus dem Flieger stieg. Dort musste ich etwa fünf Stunden auf den Anschluss nach Phuket warten. Um die Zeit zu verkürzen, mietete ich ein Taxi, das mich etwa vier Stunden zu Sehenswürdigkeiten der Stadt bringen sollte. Gemeint hatte ich architektonische. Der Fahrer muss mich total missverstanden haben, denn er hielt kurz nach der Abfahrt vor einem Haus an und meinte, ich solle da rein gehen, damit seine Schwester mir was Nettes zeigt. Aua! - Dein letztes Stündlein hat geschlagen, wenn Du einen Taxifahrer aus Athen oder Istanbul nach sowas fragst. In Bangkok schien es nichts Ehrenrühriges zu sein.

Als ich in Phuket eintraf, hatte ich etwa drei Stunden Kampf mit dem Fahrer hinter mir, der nicht nur eine Schwester und viele Cousinen zu haben schien, sondern auch gute Beziehungen zu Schneidereien, Seidenraupen und Gott weiß noch was.

Phuket schien ein anderes Land zu sein - der Taxifahrer brachte mich genau dahin, wo ich hin wollte, in mein Hotel. Da meine Freunde, mit denen ich tauchen wollte, bereits unter Wasser waren, gönnte ich mir einen langen Schlaf - d.h. ich wollte mir einen Schlaf gönnen. Ein schrilles Klingeln holte mich von der Wolke herunter …

Am Telefon meldete sich ein freundlicher Thai und fragte mich „Do you need the room mate service, Sir!“. Hat er nicht room maid gesagt? Die sollen doch später putzen. Nach 14 Stunden Flug war mir so was von egal, dass ich Essen vom room service bekam, dass ich unwirsch sagte, er möge mich bitte in Ruhe lassen. Ich hätte im Augenblick andere Interessen. Schlafen, tief schlafen!

Am nächsten Morgen wurde ich beim Frühstück wunderbar zuvorkommend bedient von einer zauberhaft aussehenden Thai-Schönheit. Wer amerikanische Hotels unter fünf ***** kennt, weiß das zu schätzen. Als ich mich bei der Bedienung bedanken wollte, bevor ich ging, fragte sie mich noch nebenbei, was ich heute wohl zu tun gedenke. Ich erzählte arglos, dass ich meine Freunde treffen und mit ihnen tauchen fahren würde. Sie wollte genau wissen, wann wir zurück kämen. Als ich ihr die gewünschte Information gab, seufzte sie leise und sagte „Schade, da muss ich wieder hier bedienen …“ Und am Nachmittag? Leider passte die Sache auch nicht. Bei unserer Rückkehr würde sie das Abendessen servieren. Nun, ja …

Beim Mittagessen wurde ich wieder auffallend aufmerksam bedient, von einem sehr auffällig hübschen Kellner. Als er ähnliche Fragen stellte wie die Frau morgens, klingelte es bei mir endgültig. Am Tage zuvor hatte ich das Angebot abgelehnt, ein room mate zu bekommen, obwohl ich als einsamer Mann ein Hotelzimmer allein bewohnte. Als ich auch noch die Bedienung beim Frühstück nicht verstehen wollte, hatte die Hotelleitung messerscharf geschlossen, ich müsste schwul sein. Na, bitte!

Nach den Erlebnissen in Bangkok nun auch dies! Ich war voll bedient. Wutentbrannt suchte ich meine Freunde auf und fragte, in was für ein Land sie mich denn gebracht hätten. Die grinsten fröhlich und meinten, ich solle mich nicht haben. Seit dem Ende des Vietnam-Krieges wären hier die eindeutigen Etablissements leer und die „Arbeitskräfte“ auf der Suche nach anderweitiger Beschäftigung. Hässlich sehen die doch nicht aus! Oder?

Der einzige Ausweg aus diesem Irrenhaus winkte in Form fremder Inseln, auf denen niemand, wirklich niemand lebte. Die Similans! Diese hatte unser Tauchbasisleiter vor Kurzem entdeckt. Wir durften uns wie richtige Entdecker fühlen, weil kaum jemand die Inseln sschon aus nächster Nähe gesehen hatte. Schon am nächsten Tag fuhren wir ab. Es sollte eine Reise werden, wie man sie nur selten erleben kann. Auf den Similans wird man sie nicht mehr erleben können, u.a. weil dort die wichtigsten Fische europäische Namen tragen, Emma, die Muräne, Edgar, der Zackenbarsch u.ä.

Echter Service, leider am falschen Mann …