Cities of the world

 
 

Meine erste Reise nach Bangkok endete als Katastrophe. Um einen Aufenthalt von fünf Stunden auszufüllen, hatte ich morgens um acht Uhr einen Taxifahrer angeheuert, der mir die Architektur der Stadt zeigen sollte. Dieser fuhr schnurstracks vor ein Haus und sagte, hier wohne seine Schwester. Die könnte ich besuchen, er würde so lange vor der Tür warten. Der Kerl meinte wohl eine andere Architektur als ich. Mir schoss der Gedanke durch den Kopf, was wäre, wenn ich einem Taxifahrer in Istanbul oder Kairo die Frage stellen würde, ob er wartet, bis ich seine … Sekunden später wäre ich im Himmel angekommen, aber nicht im siebten.

Nachdem sich mein Fahrer davon überzeugt hatte, dass ich doch kein Interesse an seiner weiblichen Verwandtschaft hatte, fuhr er mich zu diversen Läden, Seide, Hemden, Holzschnitzereien etc. Entnervt gab ich auf und ließ mich zurück zum Flughafen fahren.

Zwei Wochen später musste ich zwei Tage in Bangkok verbringen. Diesmal habe ich es auf eigene Faust versucht. Vergeblich! Jeder Europäer, der noch nicht ganz dunkelgebrannt war, wurde als Sextouri behandelt und konnte keine 50 Meter laufen, ohne dass sich ein Tuk Tuk in seinen Weg stellte, um ihn zu einem Etablissement zu fahren.

Jahre später, derselbe Ort, aber keine Sexangebote mehr. Die Läden, in die man gefahren wird, sehen auch nicht mehr so billig aus wie einst. Manche sind sogar ausgesprochen nobel. Eins ist geblieben. Die billige Tuk Tuk-Fahrt endet nicht etwa dort, wo man hin will, sondern fast immer in einem Laden. Wer ein Ziel hat, muss ein Taxi nehmen. Wer auf jeden Fall an seinem Ziel und nicht wo anders ankommen möchte, lässt sich bereits am ersten Tag abschleppen und bestellt ein paar Hemden, die er am Ende seines Aufenthalts abholt. Immer wenn der Fahrer die verkehrte Richtung einschlägt, zeigt man ihm den Abholschein.

Das Schönste in Bangkok für meine Augen waren die Klongs, auf denen wahnwitzig schnelle long tail boats sausen. Deren Antrieb besteht aus einem Automotor, der auf einer Kugel gelagert ist, und einer langen Welle mit der Schraube am Ende. 

Kleine Männer, die einen 8-Zylinderblock mit einer Hand halten, blitzschnell die Schraube aus dem Wasser holen und um 90º versetzen, wenn der Kahn um die Ecke biegen muss. Überall in der Provinz düsen die Rennversionen davon über die Gewässer. Die Thai sind nicht verrückt, sondern eher irre.

Leider sind die Klongs im Laufe der Jahre immer weniger geworden, und der einst weltberühmte schwimmende Markt so klein, dass die Touristen eine lange Busfahrt in Kauf nehmen müssen, wenn sie einen Markt sehen wollen. Allerdings bin ich mir nicht ganz sicher, ob man mehr Markt oder mehr Touristen sieht.

Die zugeschütteten Klongs wurden zu Pisten für Tuk Tuks ausgebaut, die Formel 1-Rikschas. Wer sein Leben liebt, sollte damit nur in engen Gassen fahren lassen, auf freier Strecke ist man im Tuk Tuk etwa so sicher wie ein Ami in Bagdad.

Für die meisten Touristen, die sich nicht für die Anatomie der Töchter des Landes interessieren, scheinen die 400 Tempel von Bangkok Anlaufziel zu sein. Ob sie einmalig sind, kann ich nicht beurteilen, aber bunt sind sie. Wer viele schöne Ansichten der Tempel von Bangkok genießen möchte, sollte hier anklicken ().

In Bangkok kann man gut essen, billig oder teuer. Es gibt sogar Lokale, in denen man zum Essen nicht mal seine Hände bemühen muss, No-Hands. Man wird dort angeblich von hübschen Damen gefüttert, während die freien Hände sich anderweitig beschäftigen dürfen. Wer viel Geld hat … Man kann sein Geld auch auf noblere Weise los werden, z.B. in Hotel Oriental. Man muss kein doppelstöckiges Zimmer mit Butlerservice im Garden-Wing und direktem Blick auf den Fluss buchen, um schnell erheblich ärmer zu werden. Bereits ein Bier an der Bar ist so „kostbar“, dass die Rechnung in einem gefütterten Umschlag kommt. Tipp: Ein paar Meter weiter am Fluss steht ein Imbiss, Singha Bier in der Dose etwa 1$. Mit dem ersparten Rest kann man in einen der großen Biergärten gehen und sich die ganze Nacht volllaufen lassen.

Wer ab etwa 17.00 Uhr ein Tuk Tuk besteigt, wird nicht mehr zu Läden oder Maßschneidereien gefahren. Der Fahrer zeigt einem schon, wo es lang geht. Deswegen lieber ein Taxi nehmen. Allerdings muss man genau angeben, wo man landen möchte. Ansonsten passiert, was ein naiver Reiseführer Bangkok-Touristen empfiehlt: “Nirgends lässt sich ein Land besser und unverfälschter kennenlernen, als in der geselligen Atmosphäre einer Bar. Hier ergeben sich Kontakte zu Einheimischen und Einblicke in ihr Lebensgefühl und ihre Einstellungen. Bei landestypischen Kulturveranstaltungen kommen Sie der Tradition Ihres Urlaubsortes näher.“ Ja, ja, die landestypischen Kulturveranstaltungen von Bangkok. Aber keine Sorge, wer das eindeutige Angebot nicht annehmen will, bleibt unbehelligt und kann sein Bierchen genießen. Dafür sorgt die omnipräsente Touristen-Polizei. Schützt aber nicht vor Bettlern, die mit einem Elefanten zusammen arbeiten. Man kauft beim Gemüsemann ein Kilo grüne Bohnen, der Elefant macht schluuurrrp und hält wieder den Rüssel hin. Der Bettler kriegt seine Provision vom Gemüsehändler.

Fisch, Fisch, Fisch! Bangkok hat einen sehenswerten Fischmarkt, eher zwei. Auf dem einen kann man lebende Fische kaufen, um ins Aquarium zu stellen, die vom anderen Markt gehören auf den Grill. Dort gibt es auch tote Fische. Wer gerne Fisch isst, ist in Bangkok gut aufgehoben.

Übrigens, der Name von Bangkok in voller Länge lautet übersetzt : „Stadt der Engel, große Stadt und Residenz des heiligen Juwels Indras, uneinnehmbare Stadt des Gottes, große Hauptstadt der Welt, geschmückt mit neun wertvollen Edelsteinen, reich an gewaltigen königlichen Palästen, die dem himmlischen Heim des wieder geborenen Gottes gleichen, Stadt, die von Indra geschenkt und von Vishnukarm gebaut wurde". Engel, Juwelen, Paläste, himmlische Heime (Tempel, Klöster), das alles kann man hier erleben - und viel mehr. Und einen der schönsten Blumenmärkte voller Orchideen.

 

Seht die Welt durch meine Augen

Städte lassen sich an ihrem Gang erkennen wie Menschen.

Robert Musil