Cities of the world

 
 

Cairns, Mekka der Hochseeangler, Tor zum Great Barrier Reef, und was noch alles … Die Stadt platzt vor Freude. Die Straßen sind voll Packpackers, hierzulande verächtlich Rucksacktouristen genannt, in Australien aber nicht. In Cairns trifft sich die Weltelite der Leute, die mit wenig Wäsche (und Waschmittel) und häufig auch mit wenig Geld durch die Gegend ziehen. In den 1970ern und später konnte man hier auch Leute vom Kaliber Lee Marvin („Cat Ballou“, „Das Dreckige Dutzend“) treffen, die der Fischgeruch hierher gelockt hatte - Black Marlin war der Grund für Marvins häufige Reisen nach Cairns.

Wer die 1.700 km von Brisbane in den Norden hinter sich gebracht hat, sieht nach vielen Kleinstädten endlich eine Großstadt. Na ja, eine große. Die Bevölkerung zählte 2006 122.731 Köpfe. Im Süden von Australien würde man sagen, halb so viele, weil die „Tropos“, die Bewohner der Tropen in dem Land keinen allzu guten Ruf geniessen. Am Anfang glaubte ich das auch, weil man mir prophezeit hatte, im Norden würde ich seltsame Dinge erleben. Was auch prompt eintrat. Ich war an meinem zweiten Abend in den Tropen im Journalistenclub eingeladen, wo eine recht strenge Bekleidungsvorschrift herrschte - Schuhzwang. Allerdings stand auf der Tafel  in kleiner Schrift, Sandalen würden reichen. Ach du heilige Socke!

Ja, Tropen ist das Stichwort. Man genießt hier Tropen in vollem Luxus. Manche Resorts sind derart verschwenderisch mit Wasser, Licht und Raum ausgestattet, dass man selbst auf Hawaii vor Neid erblassen würde. Obwohl die Stadt ihre Existenz einst dem Gold verdankte (Hodgkinson River Goldminen), lebt sie heute vom süßen Leben (der Touristen) und der Bauern (Zuckerrohr). Cairns verdankt ihre heutige Rolle sicherlich der Esplanade, einem Tummelplatz am Wasser, wo einst ein Schlammloch war. Heute können dort rund 1000 Leute gleichzeitig die Schwimmlagune betreten, Geburtstag feiern, grillen oder einfach die Seele baumeln lassen.

Wer mehr von den Tropen sehen will, braucht nicht lange zu reisen. Great Barrier Reef (ca. 1 h mit meinem Lieblingsschiff Quicksilver), Daintree National Park (Tropenwald, Gondwana Bäume) (schlappe 80 km), Cape Tribulation (wo selbst Captaim Cook beinahe kapitulierte, 130 km), Kuranda (mit dem spektakulären Wasserfall Barron Falls, mit dem historischen Zug langsam, mit Skyrail Rainforest Cableway in ca. 1,5 h), Port Douglas (wo einst Bundeskanzler Kohl in Badeshorts abgelichtet wurde) sind in nächster Umgebung. Zum zweiten der zwei einzigen Everglades der Welt (nördlich von Daintree) muss man keine zwei Stunden fahren.

Wer etwas wirklich exquisites an Landschaftsbild erleben möchte, fährt nach Atherton Tablelands. Einsam und wunderschön zugleich. Und wirklich nicht zweimalig! Wer die Landschaft von oben genießen möchte, fährt nach Kuranda mit der Kabelbahn über dem tropischen Wald. Bei Daintree gibt

Wer sich etwa zwei Stunden ins Auto setzen möchte, kann an die Geburtsstätte einer der bizarrsten Sportarten der Welt fahren: Ritt im Wäschetrockner. Dazu kriecht einer in das besagte Gerät, das, naturgemäß bei abgeschalteter Heizung, loslegt und in wenigen Minuten das Werk eines Joints krönend zum Abschluss bringt. (Wer es nicht glaubt, möge einen Blick in Youtube werfen. Stichwort: Dryer Riding, code qvsC0qsxT8I, es gibt auch andere). Das Spiel wurde in Jungle Lodge erfunden, einer Hippie-Herberge am diesseitigen Ende des London-Kathmandu-Cape Tribulation Trails.

Cairns ist nicht eine Reise wert - sondern eher viele. Man ist dort in der City - und auch wieder nicht. Tauchen ist superb, leider auch die Preise. Das Great Barrier Reef sucht seinesgleichen. Everglades nicht - davon gibt es eins in Florida. Dafür sind die Krokodile dort nur halb so groß, deren Zähne auch!

 

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Robert Musil