Cities of the world

 
 

In welcher Hauptstadt der Welt haben Esel das sagen? Zyniker werden behaupten, in vielen. Doch eine Stadt, in der echte Grautiere das Bild beherrschen, gibt es wohl nur einmal in der Welt. Maun ist die Hauptstadt des Okavango Delta, wo früher viele Karawanen endeten, besser gesagt vom Ngamiland District. Und die bestehen vornehmlich aus Kamelen, denen ein Esel vorgesetzt wird. Wer da eine Anspiegelung zur Wirtschaft herauslesen möchte, sollte sich davon nicht abhalten lassen. Die Esel bleiben nach Auflösung der Karawane in Maun. Ein findiger Ungar hat den „Maunesen“ eine Salamifabrik versprochen, damit die Esel nicht umsonst leben bzw. sterben müssen. Die Esel fanden aber Arbeitsplätze weniger interessant als Eselinnen, die ihre Füllen in der Stadtmitte aufziehen. Nun, ja!

Der Flughafen von Maun sieht aus wie in der früheren Afrikafilmen. Es fehlen nur die Träger, die weiße Männer Buana nennen, und Damen in Bastrock. Die hat es wahrscheinlich auch früher nicht gegeben. Aber sonst sieht die Szene perfekt retro aus.

Maun liegt am Südostrand des Okavangobeckens. Die Vegetation rund um Maun wird noch überwiegend von der Kalahari bestimmt, die fruchtbaren Bereiche des Okavango-Deltas beginnen erst einige Kilometer nördlich. Von dem Delta selbst ist Maun durch einen Tiersperrzaun getrennt, wie sie in Botsuana systematisch angelegt wurden. Sind die Eselinnen deswegen so sicher?

Die Stadt besitzt keinen Stadtkern im eigentlichen Sinne, und nur einige große Straßen sind asphaltiert. Das Zentrum bilden zum einen der Flughafen mit einigen angrenzenden Safariveranstaltern und Cafés und zum anderen die Anlagen des Cresta Riley's Hotel mit angeschlossener Werkstatt. Dort habe ich auf dem Flohmarkt ein Metallurgie Buch gefunden, das ich im dritten Semester hätte lesen sollen, mit dem „Eisen-Kohlenstoff-Diagramm“. Immerhin! Das Stadtbild wird von Baracken und Hütten bestimmt, oft in traditioneller Rundbauweise aus Lehm. Allerdings ist Maun keine Bidonville. Da sie auch als Knotenpunkt des Straßennetzes im nördlichen Botswana eine überaus wichtige Rolle spielt, prägen wüstengängige Geländewagen das Straßenbild.

Mit der Feldstation der Universität von Botswana besitzt Maun eine Forschungseinrichtung, allerdings nach Art des Hauses, hier wird das Okavango-Delta erforscht. Ein Forscherteam, das ich kennen gelernt habe, war hinter einem außergewöhnlichen Löwenrudel her. Zwei Löwen, Zwillinge, hatten sich zusammen getan und ihre Rudel vereint. So war eine formidable Streitmacht zusammen gekommen, die in der Lage war, ausgewachsene Elefanten zu töten. Allerdings nicht so, wie man sich vorstellt. Die Kätzchen rücken einem Elefanten auf die Pelle und lungern überall in seinem Essen herum. Der fühlt sich genervt und zieht weiter. Die Kätzchen mit. Bis der arme Kerl einen Nervenzusammenbruch erleidet. Mahlzeit!

Wer Heimweh hat, kann bei Spar einkaufen gehen. Wer nicht so fühlt, hat zwei weitere Supermärkte zur Auswahl. Supa! Man kann sich sein Fleisch aber auch am Straßenrand kaufen, weil die Leute ihre Herden in die Stadt treiben, um die Tiere dort zu verkaufen. Dass jemand dann eine Ziege schlachtet und am Wegesrand grillt, habe ich allerdings nicht gesehen.

Maun wurde 1915 gegründet, hat es aber bis 1936 nur auf 600 Leute gebracht, weil hier ein Viech gelebt hat, das den Menschen das gibt, was viele sich wünschen, Schlaf. Allerdings keinen Wohlfühl-Schlaf. Die Tse-Tse-Fliege war ziemlich tödlich. Gute Überlebenschancen hatten die, die zuvor eine andere ziemlich tödliche Krankheit überlebt hatten, die Malaria. Tropica! Geschichte. Man hat selbst im unbewohnten Delta die Tse-Tse-Fliege ziemlich gut ausgerottet. In Maun leben heute etwa 50.000 Leute, bzw. etwa 100.000, wenn man die Dörfer mitzählt.

Mauns Geschichte liest sich wie ein Roman. Ob der ein Happy-End haben wird, steht dahin. Warum aber End? Die Touristen strömen hierher - Maun ist das Tor zum einzigartigen Okavango Delta! Und wächst und gedeiht …

 

Seht die Welt durch meine Augen

Städte lassen sich an ihrem Gang erkennen wie Menschen.

Robert Musil