Bilder und Geschichten aus meinen Reisen
Oia - Das Bild von Santorini
Die Insel hat lange gebraucht, um zu sich selbst zu finden. Da war schon mal die Sache mit dem Namen. Die Insel hieß nie so, der Name wurde ihr nicht so gegeben. In der Antike hieß sie Strongyle, dann Thera. Als das Antike Griechenland unterging, kamen Fremde. Die vorletzten Fremden waren die Venezianer. Sie gaben der Insel einen Namen, der dem heutigen sehr nahe kommt. Die Heilige Irene stand später als Patin. Die Griechen mochten aber den Namen Santa Irene nicht, weil die Dame bei ihnen Irini heißt. Aus Santa Irini soll dann Santorini geworden sein.
Wie der Name von Oia entstanden ist, habe ich leider nicht ermitteln können. Von dessen Aussprache her, ließe sich was ausdenken. Man sagt „Ia“, was so klingt wie der Schlachtruf der Väter der Tiere, die die Touristen den Vulkanrand hoch schleppen. Ob das stimmt? Mag sein, denn im Orient brüllen die Viecher „Ai“ und nicht umgekehrt.
Zu dem kürzesten Namen aller Orte auf der Insel gehört der wohl schönste Ort, will man der Abstimmung mit professionellen Klicks glauben. Oia ist der Ort, wo die plakativen Bilder von Santorini gemacht werden, die überall in Griechenland auf Postkarten zu sehen sind. Nach meiner Meinung stimmt die Sache auch.
Wie ist aber Oia zu dieser Schönheit gekommen? Schuld war der Vulkan, aber nicht der Ausbruch in der Antike, sondern ein Erdbeben im Jahre 1956. Dieses erschütterte die ganze Insel, verursachte die größten Zerstörungen in Oia. Was eigentlich eine große Katastrophe war, erwies sich im Nachhinein als Glücksfall. Oia wurde nach dem Erdbeben echt wunderschön restauriert, wobei wunderschön heißt kykladisch. Und das ist wunderschön!
In Oia gibt es „Gebäude“, die fremd ausschauen. Für uns sind sie wirklich fremd, denn sie sind keine Gebäude, sondern Höhlen. In Oia gab es schon immer Höhlenwohnungen. Der Fels wurde ausgehöhlt und die Wohnung in den Berg hinein gebaut. Fenster und Türen von außen vorbauen und fertig war die Villa. Im Sommer sollen diese Höhlenwohnungen schön kühl sein. Als wir da waren, wollte das Wetter immer noch nicht wahr haben, dass es in der Ägäis Frühling zu sein hatte. An sich sind Höhlenwohnungen keine Spezialität von Santorini. Die berühmtesten gibt es in Coober Pedy, einem Ort, dessen Name sogar davon kommt. Die Aborigini sollen beim Anblick australischer Soldaten in zusammen gekratzten Höhlen den Ort als „weißer Mann im Loch“ (kupa piti) bezeichnet haben. Dort kann einentypische Höhlenwohnung mit drei Schlafzimmern, Wohnzimmer, Küche und Bad für einen Preis erstellt werden, der ungefähr mit dem eines oberirdischen Hauses vergleichbar ist. Sie hat eine angenehme und gleichbleibende Temperatur, während das Leben an der Oberfläche aufwändige Klimaanlagen erfordert. Besonders im Sommer können die Temperaturen bis auf über 40 °C steigen. Auf Santorini auch. Leider kann man hier nicht tunneling machines arbeiten, die in Coober Pedy Alltag sind. Dort arbeiten die meisten in einem Loch. (mehr dazu gibt es hier ▶▶).
Beim Bummeln durch die Gassen fallen einem die zahlreichen Galerien mit Kunsthandwerk, Malereien, Schmuck und handgewebte Teppichen auf. Außerdem haben sich natürlich auch die Touritrödelhändler ausgebreitet. Naturgemäß bietet Oia jede Menge Restaurants, von denen vor allem die Fischtavernen einen ausgezeichneten Ruf genießen. Billig sind sie nicht, Dank der vielen Touris, über die man sich als Tourist unbedingt aufregen muss.
Noch aufregender fällt der Blick auf die Caldera aus, den man von vielen Stellen aus genießen kann. Nicht minder imposant der Blick von unten nach oben. Allerdings sollte man sich im Klaren sein, ob man wirklich nach unten zum Hafen mit dem Auto fahren möchte, denn man muss dort im engsten Raum manövrieren, um wieder zurück zu fahren. Ist nicht im Sinne des Erfinders.
Zur großen Sunset-Show von Oia konnte ich leider nicht hin, weil wir abends an der besagten Tonne lagen. Außerdem ist so etwas reichlich „tourihaft“. Ich hätte vielleicht doch hin fahren sollen. Täglich sollen mehrere Tausend hin pilgern, um der Sonne zuzuwinken, wenn sie schlafen geht. Sie taucht je nach Wetter entweder in den Nebel hinein oder geht wie eine große leuchtende Pfanne ins Wasser. Dann sieht man sie voll klar. Leider ist es kaum möglich, eine solche Szene echt in Fotos zu fassen. Gegenüber der gefühlsmäßig erfassten Szene sehen die Aufnahmen kitschig bis nichts sagend aus. Vor Jahren hatte ich einen morgendlichen Schlaf geopfert, um den Anbruch des Tages im grandiosen Grand Canyon zu filmen. Diesen hat nie jemand zu Gesicht gekriegt, weil schlicht langweilig. Auch das Video einem Sonnenuntergang auf Ari Beach auf den Malediven musste in den Hades. Allerdings hatte ich den Fehler gemacht, das Video meinen Kindern zu zeigen. Das ist aber langweilig, Papa! Die Vorhaltungen muss ich noch heute hören. Also - schöne Szenen für sich behalten. Was nicht heißen soll, dass die Bilder hier nicht schön sind. Ihr emotionaler Wert ist jedoch geringer als bei einem Sonnenuntergang.
Noch emotionaler fallen meine Gefühle aus, wenn ich die steilen Hänge sehe. Die Zeugen von der großen Eruption so wie das tiefe Blau des Meeres. Dieses entsteht durch die Tiefe in einem Meer mit relativ wenig Plankton. Insofern haben die gesalzenen Preise im Lokal für Fisch und das schöne Blau einen gemeinsamen Hintergrund, Armut an Nahrhaftem im Meer. Während wir immer glauben, dass das reichlich sprudelnde Leben durch das Licht und die Wärme der Sonne entsteht, was z.B. zu dem üppigen Leben im Korallenriff der Tropen führt, gibt es Leben im Überfluss in der Antarktis oder in den erst vor einiger Zeit entdeckten Tiefseeriffen vor Norwegen. Nahrungsangebot lautet das Zauberwort.
So gesehen sprudelt das Leben auch in Oia, man müsste eher von Übersprudeln reden. Manches kommt aber von ganz ganz weit her. Siehe bacalao. Aber auch die Oliven, die in der Folklore von diesem Land nicht fehlen dürfen. Olivenhaine oder Ähnliches sucht man vergebens. Der Wein allerdings stammt von der Insel wie viel Gemüse und Obst. Pistazien und Feigen von der Insel kann man auch kaufen, allerdings wird Fava, eine tolle Bohnenspeise, nicht mehr aus den Bohnen der Insel gekocht. Wer solche Ausblicke wie hier anzubieten hat, ackert ungern auf dem Feld. Fava wird aus der Favabohne, oder auch Saubohne, Schweinsbohne, Dicke Bohne, Große Bohne, Pferdebohne, Viehbohne, Faberbohne oder Puffbohne, hergestellt. Die wenig schmeichelhaften Namen im Deutschen finden dort, wo diese Bohne angebaut wird, kaum Widerhall. Als Kind hatte ich erlebt, wie mein Vater für eine Handvoll Bohnen ein kleines Vermögen ausgab, für das man mehrere Kilo Fisch hätte bekommen können.
Bei Pyrgos, der Hauptstadt der Insel unter den Osmanen, hatte ich viele Felder gesehen. Als ich das nächste Mal dorthin fuhr, um zu Kastro - Venezianische Festung - zu gelangen, merkte ich, dass nur die Weinberge intakt waren. Warum denn auf dem Acker ackern, wenn man das Zeug kaufen kann? Dafür steht man oben auf dem Berg Wache. Über dem berühmten Kloster Profitis Ilias steht eine Militärbasis, und man darf von dort aus nicht einmal die Landschaft drunter fotografieren. Wohin guckt man denn da? Richtung Türkei? Irgendwie komisch. Denn das Kloster wurde gebaut, als hier die Türken herrschten. Dafür haben die nicht einmal eine Moschee hinterlassen, aber mehrere Kirchen aus dem Mittelalter stehen lasen.
Sieht nicht gerade danach aus, als wenn ihnen nach einer Rückkehr gelüstet. Wer weiß? Die Russen, zur Zeit der Osmanen als
„Schutzmacht“ der orthodoxen Griechen profiliert,
haben die Lust am Kriegen auch verloren. Die bauen
Hotels und Anlagen in der Türkei und in Ägypten
und verkaufen Ikonen an der Kirche von Nikolaus.
Ach, ja. Der war auch Grieche. Oder eher Römer?
Egal, lieb war er. Und damals ohne rotes Kostüm.
Schönster Ort von Santorini
Kappadokien ist das Land der schönen Pferde