Von Anglern und Fischern …

 

Für diese Reise hatte ich mir vorgenommen, möglichst viel Fisch zu fangen. Eigentlich nehme ich immer einen Handgrill mit auf Reisen, auf das ein Fisch anbeißt. Diesmal war der mitgenommene Grill besonders groß, wie die Erwartung.

Leider denken die Fische häufig anders als ich, und die ganze Angelei endet in Trauer, meinerseits. Dies kommt besonders dann vor, wenn ich auf Flüssen und Seen angle. Meine Fangquote über mehrere Jahrzehnte lässt nicht einmal den Schluss zu, die Fänge verdankte ich dem Zufall. Wenn dieser im Spiel gewesen wäre, hätte ich mehr gefangen. Anders sieht es mit Fischen in Salzwasser aus. Da bin ich sehr erfolgreich - d.h. manchmal. Zuweilen geht es leider wie auf Seen zu - jede Menge Fisch, nur anbeißen will keiner.

Damit die Sache diesmal garantiert klappt, habe ich gleich drei Angeln für klein, mittel und groß mitgenommen. Und jede Menge Killer an Blinkern. Auch ein Mini-Paternoster mit sechs Haken wurde mitgenommen. Dessen andere Hälfte war einst auf einer Insel auf den Malediven so erfolgreich gewesen, dass sie noch in derselben Nacht verschwunden war. Wenn das kein Omen ist!

Neben meinem Hotel dösten zwei gut aussehende Burschen am Strand und bewachten ein Boot mit richtigem Angelzeug. Für Anhänger solcher Boote habe ich allerdings nur Mitleid übrig, weil die Erfolgsquote in monetärer Hinsicht geringer ausfällt als beim Roulett. Wohlgemerkt, wenn man erfolgreich fängt. Ansonsten braucht man nicht von Quote zu reden. Die größten Fische, die die Touris mit dem Boot fingen, kann man für 5 - 10 Euro kaufen, während das Boot schlappe 300 Euro am Tag kostet. Nackt versteht sich!

Der Sport (!) geht so vor sich, dass ein dröhnendes Monster die See durchpflügt, als ginge es darum, böse Geister zu vertreiben. Etwa 2x 225 PS sind das Mindeste und der entsprechende Spritverbrauch. Der Sportler sitzt im Kampfstuhl und wartet, bis ein Fisch seinen Köder für echt hält. Ruck! Dann dauert es bis zu 12 Stunden (black marlin, 600 kg) oder eine Minute (verirrter Bonito, 1 kg), bis der Fisch am Schiff ist. Der Bonito kommt in die Pfanne, den Marlin lässt man laufen.


Anders als das Motorboot, das nicht nur 300 Emmchen am Tag schluckt, und noch dazu etwa 100 Literchen Benzin, benötigen die Boote der Einheimischen nur Muskelkraft. Zudem ballert das Motorboot einen erheblichen Teil des Treibstoffs als Krach in die Idylle. Dieser wirkt sich schlimmer aus als Pest und Cholera, da keine Medizin vorhanden. Daher bat ich Alex, mir so ein Boot zu besorgen, wie es die Einheimischen benutzen. Warum ich nicht auf die nahe liegende Idee gekommen bin, gleich eins zu kaufen, weiß ich nicht mehr. Das ist erstens billiger als eine tägliche Miete, und zweitens kann man fahren, wann und wohin man will. Am Ende kann man das Boot mit etwas Verlust verkaufen, so es denn noch da ist. Ich vermute, dass ich hoffte, von der Erfahrung einheimischer Fischer zu profitieren. Was das bedeutet, hatte ich bereits als Kind und Jugendlicher gelernt. Mein „Angelinstruktor“, d.h. ein Fischer aus der Nachbarschaft, hatte mir seine Kunst so gut es geht beigebracht. Dennoch habe ich bestenfalls ein Fünftel dessen aus dem Wasser gezogen, was er am selben Ort und in derselben Zeit fing.

Wo kriegt man denn so ein Ding her? Die Leute vor Ort schienen alle beschäftigt zu sein, oder hatten kein entsprechendes Angebot, weil ein Touri, der freiwillig in eine Pirogge steigt, um auf große Fahrt zu gehen, bestenfalls einen Sonnenstich haben müsste oder gleich einen früheren Dachschaden. Die Boote sahen einfach himmlisch aus und sanken zuweilen, während die Insassen noch paddelten. Mit himmlisch meine ich, für eine Himmelfahrt geeignet. Aber gemach, die Leute sind gute Seeleute und die Boote laufen höchstens voll. Sinken tun sie indes nicht, dank ihres Baumaterials.

Angler gehören nicht unbedingt zu den beliebtesten Spezies Mensch. Das liegt daran, dass man ihnen vorwirft, Lateiner zu sein - nicht die Art Mensch, die seine humanistische Bildung durch lateinische Zitate unterstreicht. Nein, es handelt sich um Anglerlatein. Auch Taucher stehen nicht im Verdacht, die Fische, die sie getroffen haben sollen, im richtigen Maßstab gesehen zu haben. Wenn jemand Taucher und Angler zugleich ist, und noch einer Leidenschaft frönt, deren Anhänger auch nicht gerade für Musterschüler in puncto Glaubwürdigkeit gehalten werden -Seefahrt-, von wg. Seemannsgarn, sollte er seinen Hobbys möglichst in der Ferne nachgehen. So tauche ich in der Ferne und angle nur in fremden Ländern. Auch besondere Segelreisen mache ich woanders. Lediglich die Segelei übe ich zu Hause aus, zwischen lauter Spinnern von Seemannsgarn. Völlig ungefährlich …

 

Eine preiswerte Variante …

Der große Tag kam! Ich war mit einem echten Fischer verabredet, was man allein daran erkennen konnte, dass er empfahl, bereits um 7:00 abzulegen. Fische muss man bei der morgendlichen Fressorgie erwischen. Allerdings war der Käpt´n wohl bereits etwas verweichlicht, weil hartgesottene Fischer um diese Zeit bereits zurück sind. Aber auch die anderen Fischer, die ich jeden Morgen beobachtete, fuhren kurz nach Sonnenaufgang los, weil der Ostwind sie auf die See raus blies. Daher verstand ich nicht, warum ich in aller Herrgottsfrühe aus dem Bett sollte.

Na schön, ich bestellte mein Frühstück, das diesem Namen alle Ehre machen sollte und drapierte mich am Strand, weil ich keine Ahnung hatte, was für ein Vehikel mich abholen würde. Eine Pirogge, hatte Alex gesagt, und fahr bitte nicht weit raus. Die Dinger sind undicht. Nach einer halben Stunde näherte sich mir ein Mensch, der mich höflich grüßte. Ich fragte ihn, ob wir jetzt angeln gehen würden. Er nickte und verschwand. Später erinnerte ich mich daran, dass dieser Mann einer der Fahrer des Angelbootes war. Mein Fischer ließ sich nicht blicken. Mein Wasservorrat wurde langsam warm. Wie würde es mittags schmecken? Egal.

Endlich kurvte eine Pirogge in meine Nähe mit zwei Vertretern ihres Volkes, die unterschiedlicher hätten nicht sein können. Der Fischer könnte auf den Namen Methusalix hören, während der Junge, den er mitgebracht hatte, ein wunderschöner junger Bengel war.

Zu meinem Glück fragte ich den Alten vor der Abfahrt, welche Köder er mitgebracht hatte, damit ich die richtigen Haken mitnehme. Köder? Er machte ein Zeichen, das wohl sagen sollte, dass dies meine Aufgabe sei. Ich möchte die Kontrolleure auf dem Flughafen sehen, wie sie aus meinem Handgepäck Würmer, Fischfilets und Muschelfleisch rausziehen. Terroristen müssen Fantasie haben, Zöllner Humor. Ich auch! Der Mann ging los und kam nach einer Weile mit zwei kleinen Fischen wieder. Wir würden später einige der gefangenen Fische opfern müssen, um weitere zu fangen.

Das kannte ich schon. Aber einen Fischer, der keine Haken und keine Gewichte bei sich hatte, nie. Ich hatte einen echten Profi erwischt. Na, schön! Wir paddelten auf eine wunderbare See hinaus, die für alle Unbill entschädigte. Während der Alte und ich paddelten, schöpfte der Jüngling das Wasser aus der Bilge. Dieses Boot hatte wohl lange Zeit nicht im Wasser gelegen. Gefährlich war unsere Situation indes nicht, weil die Fischer um uns herum auch häufig schöpften.

Nach einer Stunde Paddelei peilte der Mann rechts und links und befand, hier sei der Ort die Angeln auszuwerfen. Er hat sich aus meinen Haken und einem Nagel eine Angel gebaut. Ob die Fische die mögen werden, eine fremdländische Angel?

Angeln mit einer Pirogge

Es begann spannend, und blieb spannend. Kein Fisch fühlte sich bemüßigt, dem hohen Gast aus Euroland seine Reverenz erweisen. Nach etwa einer Stunde biss mir ein Fisch den Köder ab, was den Fischer sehr ärgerte. Er selbst hatte mit seiner Angel nur Bodenberührung.

Dann kam der Augenblick des Triumphs: Ich fing einen Fisch. Leider konnten die anderen Fischer in der Ferne meine Freude nicht nachvollziehen, weil das Biest so mickerig war, dass niemand einen Fisch wahrnahm. Immerhin, meinem lokalen Rivalen hatte ich es gezeigt.

Der Fischer machte ein Zeichen, dass sein Versagen wohl mit dem Köder zusammen hängen müsste. So paddelten wir zu einem anderen Boot, um uns ein paar Fische auszuleihen. Wir würden ihn seine Fische wieder bringen, wenn wir unsere fangen.

Die Tropensonne brannte jetzt unbarmherzig auf unser Fell. Ab und an nahm ich einen Schluck aus meinem Wasservorrat, der langsam aber sicher immer mehr wie Badewasser schmeckte. Die anderen schienen ohne Wasser auszukommen. Gegen Mittag klopfte der Junge auf meine Schulter und warf seinen Kopf in den Nacken. Seine unmissverständliche Geste mit dem Daumen zeigte mir, dass die beiden am Verdursten waren. So teilte ich mein Badewasser mit ihnen.

Wenn die Schatten am kürzesten sind, musst Du von der Sonne gehen, hatte mir einst mein Großvater eingeschärft. Man muss mit einer Niederlage leben können, war die Weisheit, die mein Vater mit auf den Weg gab. Mittags gab ich Order zurück zu paddeln.