Auf, zu einer wilden Tropeninsel

Natürlich war ich nicht etwa hierher gekommen, um die grandiose Landschaft zu bewundern oder Düfte einzukaufen, obwohl Alex mir angedeutet hat, es wäre einfach zu schade, nur den Kopf unter Wasser zu stecken. Tauchen bildete meine einzige Triebfeder, tauchen ohne Ende! Leider ist das mit den beiden Besitzern der Tauchbasis nicht zu machen. Man fährt morgens früh raus, so etwa um 8 Uhr, macht zwei Tauchgänge und kehrt heim um Mittag.

Das Ganze ist unheimlich Zeit sparend gegenüber Tauchbasen, wo man gegen 10 Uhr fährt, taucht und zum Mittagessen zurück fährt. Der Tauchgang am Nachmittag, der fast immer zweitklassig gegen den am Morgen ausfällt, nimmt noch einmal die ganze Fahrzeit in Anspruch, so dass der Tag futsch ist. Abends nur noch ein Sundowner, Essen und in die Heier gehen. Man kann natürlich auf eine Insel mit Hausriff fahren und rund-um-die-Uhr tauchen. So erlebte ich einige Reisen auf die Malediven, bei denen man 12 bis 14 Stunden im oder unter Wasser verbrachte. Na, ja, dort gibt es sonst nicht viel zu sehen. Aber auf Nosy Be!

Die gute Seite der Taucherei hier besteht in der Chance, eine traumhafte Begegnung zu machen - mit einem Walhai! Oder gar mit mehreren? Oder Manta-a-gogo? Auch drin. Leider liegt der Haken darin, dass die genannten Viecher von Plankton leben. Und wo Plankton ist, ist das Wasser nicht so klar. So auch in der Straße von Moçambique. Eine Menge dummer Viecher präferiert solche Stellen. So erlebte ich die größte Ansammlung von Rotfeuerfischen samt Freunde dort, wo ich mich an Fäkalientaucher erinnert habe. Betrüblich trüb. Dazu die einsame Spitze der Gorgonienwelt, in der ich fast eine ganze Stunde geschwommen bin. Leider leben auch die vom Plankton …

Meine Erlebnisse mit Fischigem gestalteten sich sehr unterschiedlich. Manchmal dachte ich, die Fische wären woanders, weil es so aussah wie am Mittelmeer. An anderen Stellen wimmelte es nur so von Fischen. Mein Gesamteindruck fiel allerdings nicht ganz so positiv aus wie auf den Malediven oder Seychellen. Das liegt vielleicht daran, dass Nosy Be nicht so nah am Äquator liegt wie die genannten Inseln. An der mit Handleinen und kleinen Netzen betriebenen Fischerei liegt es jedenfalls nicht.

Die Walhaie haben sich leider in andere Gebiete verzogen, so dass ich keine gesehen habe, wie immer, seitdem ich tauche. Dafür statteten uns die Delfine über Wasser intensiv und lange Besuch ab. Eine solche Ansammlung habe ich bislang höchstens im Kino erlebt („Unser blauer Planet“).

Trichterkorallen, die man sonst nur aus der Karibik kennt, finden sich hier zuhauf wie auch die besagten Gorgonien. Auch sonst kann man nicht von Korallenarmut sprechen, was leider nicht für die Riffe an der Küste zutrifft. Diese hat die Wucht der Korallenbleiche und eines Hurrikans so hart getroffen, dass vor der Küste 70% der ehemaligen Kolonien als Schrott der Erosion preisgegeben sind. Der Tod hat im Juni 1998 zugeschlagen, und das ziemlich weltweit. Während die Korallen auf den Malediven, die noch härter getroffen worden sind, gewisse Tendenzen einer schnellen Erholung zeigen, sind hier die toten Korallen eben tot, weil der Sturm hart zugeschlagen hat.

Besonders reich ist die Gegend an Krokodilfischen. Ich konnte sie in allen Lebenslagen fotografieren. Eigentlich geben sie kein besonderes Fotomotiv her, weil ihr Lebenswandel genau das Gegenteil verlangt, bitte nicht auffallen. Daher muss man die Bilder etwas mit Photoshop kitzeln. Dann geben sie aber was her!

Insgesamt habe ich während dieser Reise weitaus mehr Entdeckungen unter Wasser gemacht als bei ähnlichen Tauchreisen, bei denen ich etwa auf die doppelte Zahl von Tauchgängen komme. Mehr Korallen als sonst entdeckt, obwohl ich vor wenigen Jahren im Korallenparadies (Papua Neu Guinea) getaucht war. Mehr neue Arten Schildkröten gesehen und dazu die größte Gorgonienstadt meines Lebens. Nicht zu vergessen: Langusten en gros! Wenn man im Restaurant eine bestellt, bekommt man eineinhalb, und das für etwa acht Euro. Schöne Zeiten, wenn man mit zwei Bier zusammen insgesamt zehn Eumels bezahlen muss.

Wer gerne flach taucht, ist hier fehl am Platze. Die meisten Tauchplätze befinden sich unter 10 m oder tiefer, so dass man am Ende des Tauchganges einige Minuten in der Schwebe verbringen muss, um das hässliche Wort Deko zu vermeiden. Touris sollen nämlich immer ohne Deko tauchen. Schön wär´s! Zu den Tauchstellen muss man von etwa 15 Minuten bis etwa eine Stunde mit dem Schnellboot fahren - so etwa schlappe 20 km im Maximum. Wenn die See glatt ist, gleitet das Boot wunderbar wie auf Engelflügeln. Bei rauer See hingegen muss man sich auf heftige Duschen gefasst machen. Wegen der Nähe zum Äquator muss man dies sich nicht allzu häufig gefallen lassen. Dafür kann man leider Gottes nicht so gut Kiten. Das wollte ich eigentlich hier ausgiebig probieren. Man kann ja nicht alles haben. Wer in die Kalmen fährt, um segeln oder surfen zu wollen, ist ein armer Narr. Allerdings wird die Narretei gelegentlich belohnt, wenn Wind ist. Dann gleitet man mit höchster Eleganz über Korallenstöcke in einer Kristall klaren Lagune. Manchmal!


Ab in die Tiefe …

Manches Wasser lässt vor allem Blau durch, und das zu über 90% und hält Rot zurück wie bei den Morrison Springs in Florida. So entsteht das schöne Blau, das wir vom Meer kennen - aber nicht immer. Am Golf von Mexico ist so viel Plankton, dass das Wasser eher einen Grünstich hat. Bei Long Island Sound kommt nur noch die Hälfte vom Licht durch, egal welcher Farbe. Und da, wo die Krone der Schöpfung das Wasser mit allerlei Chemie belastet, damit es blüht, Thames River, kommt nur noch grün-braun durch. Wie man die Farbe nennen kann, wenn man den Jugendschutz nicht befürchten muss, kann man auf der rechten Seite des Bildes sehen.

Fischiges …