REISEN - REISEN
Bilder und Geschichten aus meinen Reisen
Einst war Nacht
Die Malediven gehörten zu den wenigen Stellen der Welt, an denen ich Nacht erlebt hatte. Richtig schwarze Nacht. Mit Sternenhimmel gespiegelt im Meer. Was heute ist, hatte ich bereits vor Jahren beschrieben (s. Lichtverschmutzung – Die Dunkle Seite des Lichts). Aber ich dachte, die Malediven wären immer noch etwas davon verschont.
Die erste Nacht, die wir in einem Hotel hinter dem Flughafen verbrachten, konnte solche Erwartungen naturgemäß nicht erfüllen. Wir waren ja im Neubaugebiet an einem Flughafen. Neubaugebiet in Europa ist, wenn man den Wald rodet, und später die Straßen nach den toten Bäumen benennt. Ich wohne in einer solchen Gegend mit Platanenallee, Rüsternallee oder Eichenallee im Verzeichnis der Straßen. Wie man die Straßen in den Tropen nennen müsste, fällt mir nicht ein. Mantastieg oder Haiweg? Egal, die Nacht war hell, zu hell.
Wir hoffen auf die nächste Nacht. Pustekuchen! Die Insel, vor der wir liegen, strahlt aus allen Röhren. Ich will mir einreden, dass auch die Malediver Menschen sind wie wir und deswegen Beleuchtung benötigten. Kann nicht sein, denn auf dieser Insel wohnen keine Malediver. Touristen - die um 23:00 Uhr ins Bett fallen, sind sie eher. Warum aber strahlen die Scheinwerfer Kilometer weit in die Nacht? Welcher Tourist möchte, dass man sein Feriendomizil 10 Meilen von See aus entdeckt?
In Norwegen ist es gute Sitte, dass man im Haus ein Lichtlein brennen lässt, damit der Wanderer in der Kälte sein Ziel findet. Das sind aber Lichtlein und keine Scheinwerfer. Zudem lässt sich der Zweck aus der Kälte der Arktis nicht in eine tropische Atollwelt verpflanzen. Wenn ein Demel dem Licht folgt von See aus, landet er im Riff. Kenn man ja aus dem Heimatmuseum von Borkum und diversen Filmen, wo die Bewohner der Insel die Schiffe mit Feuer am Strand anlocken. Der Pfarrer von Borkum soll früher beim Sonntagsgebet gesagt haben „O Herr, wenn sie schiffbrüchig werden, dann lass´sie auf unserer Insel stranden“.
Mit dem Einzug der „Zivilisation“ auf den Malediven hat das unvermeidliche Licht sie erobert. Nicht nur die Touristeninseln leuchten kunterbunt in die Nacht. Auch die Inseln der Einheimischen haben Straßenbeleuchtung bekommen. Wozu eigentlich? Wenn man schon irgendwo Auto fährt, dann sind es ein bis zwei Kilometer. Dann ist die Insel zu Ende. Abendliche Piazza wie in vielen Ländern am Mittelmeer, bei der man sich gegenseitig beguckt, gibt es hier nicht. Wenn der Abend kommt, gehen die Männer beten, und die Frauen …
Egal. Jedenfalls gibt es auf diesen Inseln kein Nachtleben, und die Beleuchtung könnte spätestens um 22:00 Uhr abgeschaltet werden. Die ist aber im Morgengrauen noch an.
Die Straßenbeleuchtung ist mit eigentlich egal, außer dass sie das Leben der Tiere verändert. Auf Sipadan hatte ich eines Morgens ein Schildkrötenbaby direkt vor meiner Tür gefunden, das einen Baum erklettern wollte, weil es dort oben das Meer wähnte. Da hing aber eine einsame Birne. An vielen Orten habe ich erlebt, wie die Fledermäuse zu früh oder zu spät auf die Jagd gingen. Das ist zwar gut für die Mücken, aber auch gut für die Welt? Das schlimme sind Scheinwerfer, mit denen viele Inseln und Schiffe bestückt sind. Sie brennen, bis die Sonne aufgeht. Die dümmste Verwendung von Energie. Man kann zwar die Bestückung dieser Laternen mit Glühlampen verbieten, damit die Malediven nicht untergehen müssen. Was macht man aber mit dem Quecksilber der Hochdrucklampen? Im Riff versenken?
Von den 13 Nächten, die ich im Freien verbrachte, war keine einzige eine richtige Nacht. Mal war der Mond da, mal war der Himmel bewölkt. Immer waren aber Lichtquellen diverser Art da, deren Licht bei uns landete. Offensichtlich unnütz. Denn beleuchten will man ja Dinge, die man sehen möchte. Wenn die Lichtquellen von Flugzeugen oder Schiffen aus gesehen werden, die nichts damit zu tun haben, wird Licht offensichtlich vergeudet.
Die Malediven stehen auf der Liste der untergehenden Länder an erster Stelle, wenn die globale Erwärmung das Polareis in Wasser verwandelt. Während die Kanadier als Anrainer der Nord-West-Passage die Hände reiben ob der anstehenden Gewinne aus der neuen Schifffahrtsroute, werden die schönen Atolle sanft untergehen. Nie habe ich so eindrucksvoll gesehen, wie sich ein Volk das eigene Grab schaufelt. Unwissenheit kann es nicht sein, denn vor zwei Jahren hat deren Kabinett mit Tauchgeräten unter Wasser getagt, um die anderen Länder zu erweichen, weniger CO2 in die Luft zu pusten. Und nun das! (Eine Satire darauf, habe ich hier veröffentlicht: Inseln versenken mit Licht: Lustig geschrieben, aber traurig gemeint.)
früher gab es mehr Sterne…
Meine Mutter
Yarramalong ist das Land der wilden Pferde