Bilder und Geschichten aus meinen Reisen
Ein Tag wie jeder andere …
Ein Einbaum ist ein Baum, den man in der Mitte aufschneidet und dessen Teile aushöhlt. Große Bäume ergeben zwei große Einbäume, kleine zwei kleine. Da sich solche Objekte nicht durch eine Formstabilität auszeichnen, brauchen die Einbäume einen Ausleger. Europäer würden gleich zwei Ausleger anbauen, damit sich der Einbaum nach keiner Seite legen kann. In PNG baut man nur einen Ausleger, während die Philippinos zwei bevorzugen. Ob ein Ausleger oder zwei - Einbäume kentern gerne. Touris in Einbäumen werden daher nass. Immer!
Tauchen, diesmal ohne Regen
Nach der wichtigsten Mahlzeit des Tages ging es zur Sache. Das Boot Raven brachte uns mit sachten 50 Sachen zur Tauchstelle. Um die zu finden, musste man sich modernster Technik, sprich GPS, bedienen, weil Taucher auf PNG leider nicht so allein sind, wie sie denken. Das Land ist, wenn auch dünn, bevölkert, und die Bevölkerung lebt zu einem erheblichen Teil vom Fischfang. Legt man eine Boje aus, um die Tauchstelle zu markieren, findet man morgen deren nicht zwei. Daher muss man hier die Bojen unter Wasser verstecken.
Dietmar hat hier aus eigenem Antrieb etwas gebaut, wofür viele Menschen in Hurghada (Ägypten) Jahrzehnte gebraucht haben: Feste Anleger für das Tauchboot. Dafür wird eine Stelle im Riff geopfert, die ohnehin tot ist. Dietmar hatte als Polier in Wien gelernt, wie man unter Wasser Beton gießt. Unten im Riff befand sich die Befestigung, und das Seil nach oben durfte so lang sein, dass die netten Nachbarn aus PNG die Boje nicht bemerken konnten. Daher musste die jeweilige Tauchstelle mit einem GPS-Empfänger gesucht werden. Mal sehen, wie lange die örtlichen Jungs brauchen, um so ein Ding zu beschaffen. Apropos Hurghada: Dort haben Jahre lang die Tauchboote im Riff Anker ausgebracht und beim Einsammeln desselben immer ein Stück Riff getötet. Deswegen taucht man dort heute zuweilen im Geröll. Macht nix, die Massentouris merken´s eh nicht.
Die Tauchstellen, die man von Lissenung aus anläuft, stellen sich höchst unterschiedlich dar, was sich aus der Natur dieser Landschaft erklärt. Ein erheblicher Teil der Geografie besteht aus Land, das am Ende der Eiszeit untergegangen ist. Dort ist die See flach und überall gucken Inseln raus. Die Bismarck See hingegen stellt den Vorhof zu den tiefsten Tiefen der Ozeane dar.
Wie dem auch sei, man ist hier in dem Bereich der Ozeane, der die höchste Biodiversität, auf Deutsch Artenvielfalt, bietet. So hat man hier über 700 Steinkorallenarten gefunden, während die Karibik gerade mal 60 bietet. Bei Weichkorallen sieht es viel trauriger aus - in der Karibik lebt weniger als 1% (!) der Weichkorallenarten, die man hier findet. Bei den Schnecken kann man in der Karibik zwar bessere Bedingungen vorfinden, das Verhältnis liegt aber immer noch bei 500 zu 60. Selbst Fische, die mal schnell um den Globus düsen, weisen hier die dreifache Vielfalt auf. Den Ostatlantik braucht man gar nicht zu erwähnen.
Wer hier die übliche Beschimpfung des Menschen finden möchte, der alles vernichtet, liegt falsch. Die Eiszeit war es. Sie hatte große Teile der Welt mit Eis und Gletschern überzogen, wodurch sich die Tiere und Pflanzen gemüßigt fühlten, wärmere Gegenden aufzusuchen. Als sich das Eis wieder verzog, schafften z.B. in Europa die meisten Pflanzen nicht wieder zurück über die Alpen. Daher weisen nordische Wälder in Schweden nur ein Drittel der Baumvielfalt von Italien auf. Und die arme Karibik wurde von den warmen Gewässern im Süden durch den Amazonas abgeschnitten. Dieser belegt einen Küstenstrich von etwa 3.000 km mit Schlick und Sand und macht so den Korallen das Leben unmöglich.
Die Sache mit dem Ostatlantik ist eine andere. Die Erde, die sich mit unverminderter Vorliebe von Ost nach West dreht, erzeugt Strömungen, die die Westseiten großer Landmassen recht unwirtlich für Korallen gestalten. Da die Korallenriffe Fische und sonstiges Getier anziehen wie Diskos Jugendliche, kann man die einfache Formel ausgeben, dass die Westseiten der Kontinente lausige Standorte für Biodiversität ergeben. Daher die Wüste im Ostatlantik.
Die größte Artenvielfalt im Meer bietet der Indopazifik, insbesondere Melanesien. Gegen die kann nur das Rote Meer anstinken - ein Wunder des Windes. Das aber ist eine andere Geschichte …
ab hier gibt es Diashows mit Tieren
Da sich die Abende unglaublich aufregend entwickelten - Essen, eine Dose Bier, Backgammon, Darts, ab in die Heier - landete der Nachtmensch, der ich gewesen bin, so etwa um 20.30 spätestens im Reich der Träume. So erlebte die Morgensonne die ungewohnte Ehre, von mir bereits beim Aufgang begrüßt zu werden. Da war die Natur bereits voll im Gang. Vor meiner Hütte ließ sich ein Seeadler bewundern, der seinen ersten Fisch von heute bereits halb verdaut hatte. Seine bunt gefiederten Verwandten zweiten und dritten Grades begrüßten den Spender des Tageslichts lautstark. Ab und an sprang aus dem Wasser ein Fisch.
Nachdem ich die erste Stunde müde und halb dösend mit Lobgesängen auf die Mutter Natur verbracht hatte, schritt ich zur Tat und bewegte mich in Richtung Tauchbasis. Dort fragte mich Edith, ob ich mein Frühstück schon einzunehmen gedenke. Nicht doch! Erst mal eine Tasse Kaffee im Wasser, begleitet von dem nettesten Hund der Insel. Danach eine Inselumrundung im Einbaum, auch begleitet von dem nettesten Hund der Insel, der sich allerdings nur bis zum Knie ins Wasser wagte. Jetzt konnte das Frühstück kommen! Ich hasse zwar den Spruch, dass das Frühstück die wichtigste Mahlzeit des Tages wäre, weil dies eine Erfindung von Frühaufstehern ist, auf Lissenung war das aber so. Und ich war Frühaufsteher geworden. Zeitweilig …
Ansonsten bin ich nur dann Frühaufsteher, wenn was Lohnendes ansteht, Angeln zum Beispiel. Dass ich doch kein echter Frühmensch bin haben einst vier Tunfische schmerzlich erfahren. Ich lag mit meiner Angel, am Ende ein Paternoster, am Heck einer Yacht und begrüßte den Sonnenaufgang. Da tippte einer mir auf die Schulter und sagte, ich würde ja schlafen. Ich entgegnete, das Rasseln der Angel wäre als Wecker gut genug. Als ich doch aufwachte, sagte der böse Kerl, die vier Bonitos an der Angel hätten beinah eine Stunde gezappelt, bevor sie sich in einer Viererformation davon gemacht hatten.
Die Tauchstellen
Die Tauchstellen nennen sich laut Karte an der Tauchbasis wie oben. Dass die Namen hauptsächlich Englisch klingen, hat seinen Grund: Deutsche Taucher verirren sich seltener hierher als die aus Aussieland. Zudem finden viele Leute aus Deutschland cool, an Stellen zu tauchen, die sich fremd anhören. Wie würde sich z.B. Bottleshop auf Deutsch anhören: Flaschengeschäft etwa? Kann nicht wahr sein. Wenn man auch noch hinschreiben würde, dass man dort in einer Müllhalde taucht, würde wahrscheinlich niemand so etwa 45 Stunden Reise auf sich nehmen, um hier tauchen zu können. Ich auch nicht. Es war trotzdem entzückend, in einer Müllhalde zu tauchen, weil ich ein langes Taucherleben lang nie manchen Tieren begegnet bin, die ich hier gesehen habe. Tausende Stunden tauchen, ohne einem wunderbaren Fisch zu begegnen, den ich nur hier wähnte, bis mir dieselbe Spezies nur wenige Monate danach auf Kreta begegnet ist - und das an einem langweiligen Badestrand für Touris, der scheinbar nur aus Sand bestand. Er ist eine Art Knurrhahn und bewegte sich graziös zwischen Coladosen und verrotteten Betonpfählen. Etwas über ihm schienen verstaubte Vallisneria Pflanzen sich im Wasser zu wiegen. Irrtum! Die „Pflanzen“ bestanden nur teilweise aus tatsächlich Seegemüse, das ähnlich wie die beliebte Aquarienpflanze Vallisneria aussah. Der größte Teil von ihnen waren Messerfische, die man nicht einmal auf den zweiten Blick leicht entdeckt.
Man muss sich die Tauchplätze von Lissenung ganz und gar nicht als Müllplatz vorstellen - ganz im Gegenteil! Nur das Bottleshop war so - hatte es aber in sich. Die Auswahl war groß und sehr abwechslungsreich. Ich habe nur nicht ganz heraus bekommen, aus wie vielen unterschiedlichen Landschaften die Unterwasserwelt zusammen gesetzt war. Ich meine, etwa drei. Eine davon an der Bismarcksee, wo man den Schwall aus der Tiefe voll mitbekam, die andere in ganz flachen Gewässern, wo mir die erste Seeschlange meines Lebens beinah in die Weste gekrochen ist. Dazwischen lagen Stellen mit unterschiedlichen Tiefen, Korallen und Fischen. Ganz große - wie etwa Walhaie und Orcas, die man hier vermuten könnte, habe ich nicht gesehen, aber Koralle über Koralle! Wie gesagt, eine der artenreichsten Gegenden aller Ozeane. Und Farben, wie ich sie noch nie gesehen hatte.
Der geneigte Taucher sollte sich aber dessen bewusst sein, dass er hier nicht allein taucht. Die einheimischen Jungs kommen so lässig bis 10 m runter mit dem Speer, was man am Verhalten der Fische deutlich merken kann. Sie sind nicht so relaxed wie am Roten Meer oder auf den Malediven, wo die letzten Harpuniere schon vor Jahrzehnten geteert und gefedert das Land haben verlassen müssen. Der letzte, den ich kannte, war Hans Hass gewesen. Und der war einst mit uns in Berlin über den Kudamm in Tauchzeug gezogen, um gegen Harpunen zu protestieren, mit denen er hatte sich früher ablichten lassen. (Ganz böse Zungen behaupten, Jacques Cousteau wäre Teilhaber an einer Harpunenfabrik gewesen!)
Yarramalong ist das Land der wilden Pferde